ARD-Hörspieldatenbank

Originalhörspiel



Jean Thibaudeau

Schlachtgemälde

übersetzt aus dem Französischen


Übersetzung: Gerda Scheffel

Komposition: Enno Dugend


Regie: Friedhelm Ortmann

Der grandiose Schein des Krieges und seine widernatürliche Verherrlichung wird entlarvt: Poetisch ausbalancierte, monologische Partikel umkreisen und beleuchten in impressionistischer Weise den Gang einer Schlacht und die verschiedenen Phasen des Gemetzels, ohne dass ein durchgehender Handlungsfaden die scheinbar zersprengten Teile durchzieht. Vor allem durch die idyllisch anmutenden Passagen entlarvt der Autor den Krieg als die schrecklichste Verblendung des menschlichen Geistes. Thibaudeaus Collage demaskiert in kaleidoskopartiger Verschiebung der Blickwinkel die ästhetisch verbrähmte Ideologie des Krieges, die sich nicht zuletzt mit der verbrecherischen Devise vom Krieg als einer Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln tarnt. Gerade in der distanzierten Poesie des Kriegsspiels ist der zynische Stachel verborgen, das Gift des Dichters. Jean Thibaudeau beschäftigte sich intensiv mit der Rolle der Avantgarde-Literatur im Sozialismus und zählte zu den bekanntesten Schriftstellern der französischen Linken der 60er Jahre. Sein Buch "Mai '68 in Frankreich" wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Einige seiner lyrischen Texte fanden Eingang in das Projekt "Politics- Poetics" der documenta X. (Internettext) Wie das Werk vieler französischer Schriftsteller der jüngeren Generation sind auch die Arbeiten des in Deutschland immer noch wenig bekannten Dichters Jean Thibaudeau vom "noveau roman" beeinflusst. Seine Hörspiele zeigen jedoch eine unverwechselbare Handschrift und sind nicht so leicht einzuordnen. Das poetische Element überwiegt, freilich nicht im Sinne einer unkontrollierbaren, gefühlvollichbezogenen Schreibweise, sondern eher in der Art einer quasiobjektiven Darstellung schillernder, konkret nicht fassbarer Lebensbereiche. In einem atmosphärischen Netz von Assoziationen, die neue Assoziationen wecken, versucht er Klima und Essenz der anvisierten Komplexe einzufangen, ohne sie analytisch zu bestimmen. Die Analyse erfolgt gewissermaßen auf synthetischem Wege. Wie er in seinem ersten Hörspiel "Die Fußballreportage" die Elemente des Fußballspiels und seine ästhetische Ausstrahlung im Medium seiner Sprache kondensierte, bannte er in "Zirkus" Wesen und Atmosphäre dessen, was sich in der Erscheinungen Flucht unter dem Zirkuszelt ereignet. Während er auch in "Théatre imaginaire" einen künstlerischen Lebensbezirk in der gleichen formalen Manier poetisch um- und einkreiste, ist das Engagement des Dichters in "Schlachtgemälde" (Bataille") erstmalig politisch orientiert. Auch dieses Hörspiel setzt sich nach vergleichsweise impressionistischem Muster aus poetisch ausbalancierten, monologischen Partikeln zusammen, die den Gang der Schlacht und die verschiedenen Phasen des Gemetzels implizieren, ohne dass ein durchgehender handlungsfaden die scheinbar zersprengten Teile durchzieht und verbindet: Ein durchsichtiges Geflecht aus fragmentarischen Reflexionen, Schilderungen, strategischen Anmerkungen und Stimmungsbildern, die zugleich den grandiosen Schein des Krieges zerstören und seine widernatürliche Verherrlichung brandmarken. Vor allem durch die idyllisch anmutende Passagen entlarvt er diese schrecklichste Verblendung des menschlichen Geistes. Thibaudeaus poetische Collage demaskiert in kaleidoskopartiger Verschiebung der Blickwinkel die ästhetisch verlarvte Ideologie des Krieges, die sich nicht zuletzt mit der verbrecherischen Devise vom Krieg als einer Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln tarnt. Gerade in der distanzierten Poesie des Kriegsspiels ist der zynische Stachel verborgen, das Gift des Dichters. . Dieses Hörspiel ist für die Sendereihe "Hörspiel in der Diskussion" im 3. Programm vorgesehen.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Wolfgang ReichmannWerber
Lola MüthelFrau
Hannes MessemerReporter
Günther NeutzeReporter
Anne RottenbergerJunges Mädchen
Paul HoffmannKommandeur
Rudolf Jürgen Bartsch
Ernst Jacobi
Bum Krüger
Norbert Kappen
Günther Tabor


 

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 1966

Erstsendung: 26.10.1966 | 58'50

Darstellung: