ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Die Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren (1. Teil)
Vorlage: Erinnerungen von Ludolf Ursleu dem Jüngeren (Roman)
Bearbeitung (Wort): Barbara Bondy
Komposition: Harro Torneck
Regieassistenz: Michaela Lange
Regie: Hans Rosenhauer
Der bedeutende Gesellschaftsroman der 28jährigen Ricarda Huch schildert (sieben Jahre vor Thomas Mann) die Schicksale einer hanseatischen Patrizierfamilie, greift das Thema Liebe kontra Wirklichkeit auf. Galeide liebt ihren Vetter Edzard, der verheiratet ist. Er liebt sie. Ihre verwehrte, unbezähmbare Leidenschaft zerstört fast die ganze Familie, ist unwiderstehlich, unverfügbar. Als Edzards Frau in einer Cholera-Epidemie stirbt, fallen die Schranken. Der Weg von der Leidenschaft zur Wirklichkeit ist frei. Da ereignet sich etwas, was nie zuvor in dieser Thematik literarisch aufgetreten war: die Liebende wird im Moment der Erfüllung erfaßt von einer neuen Liebe. Der junge Gaspard nähert sich Galeide mit einer Gewalt, die ihr so unwiderstehlich wie grauenvoll erscheint. In dieser Spannung und Spaltung, in der schon ganz modernen Ambivalenz des doch einmalig und ewig geglaubten Gefühls gibt es keine Lösungen. Galeide stürzt sich aus dem Fenster in einem letzten Versuch, das Absolute zu bewahren, bevor die Banalität der Wiederholung sie erreicht. Die Vorgänge spiegeln sich im erzählerischen Monolog des Bruders Ludolf Ursleu: die differenzierte menschliche Stimme bleibt als einzige Realität im Chaos.
Barbara Bondy wurde 1927 in Berlin geboren. Nach einem Studium der Literaturwissenschaft arbeitete sie in den Jahren 1951 bis 1953 als Feuilleton-Redakteurin, von 1953 bis 1954 als Lektorin für Deutsch und Deutsche Literatur am Oberlin-College, USA. Von 1955 bis 1961 arbeitete sie als freie Publizistin, seit 1961 als Redakteurin und Literaturkritikerin bei der Süddeutschen Zeitung. (NDR Hörspiele, 2. Halbjahr 1979)