Originalhörspiel, Science Fiction-Hörspiel

Autor/Autorin: Jörg von Liebenfelß

Der Anti-Orpheus-Effekt

Komposition: Peter Seiler
Technische Realisierung: Fritz Gortner, Astrid Winckler-Tiede

Regie: Andreas Weber-Schäfer

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Matthias FornierOrpheus
    Kornelia BojeEurydike
    Berthold ToetzkeDer Wisser
    Erwin SchastokAkustiker
    Jochen NixDer Dilemmatiker
    Walter RenneisenHermes

Ein Popmusik-Idol im 3. Jahrtausend versteht es, bei seinen Fans mit kalkulierten elektronischen Klängen Ausbrüche von Massenhysterie zu entfesseln.In seiner Musikwerkstatt experimentiert Orpheus mit der gezielten Mobilisierung von Hormonen durch Tonreize. Mit dem eigenen Körper als Resonanzverstärker produziert er einen Sound, der sozusagen intravenös wirkt und ihm seine Fans bedingungslos ausliefert. Aber diese Art von Psychokompositionen beginnen ihn zu langweilen. Sein nächstes Ziel ist die Erzeugung akustischer Frequenzen, die sich in kalkulierbare Hirnströme umwandeln lassen, unhörbare innere Dissonanzen, die direkt ins Willenszentrum seiner Hörer vorstoßen. Die Staatsführung versucht, ihn zum Schreiben einer neuen Hymne zu bewegen, einer Hypno-Hymne, die durch gezielte Stimulierung der akustischen ümschaltstelle im Thalamus die Bürger zu politischem Gleichklang bringen soll. Aber Orpheus lehnt ab. Statt dessen propagiert er seinen Fans d ie große Selbstfindung durch Hören und ruft sie auf, sich von allen elektronischen Bevormundungen und Modesounds, einschließlich seiner eigenen, zu befreien. Seine Ankündigung, nie mehr sein Orphitron erklingen zu lassen, reißt seine Fans in einen Taumel wütender Massenhysterie. Als Regierungsfunktionäre in einem Schauprozess seine reumütig aus dem Weltraum zurückgekehrte Gattin, von Werbemanagern beziehungsreich Eurydike genannt, wegen ihrer Untreue erneut ins All verbannen und ihn selbst zum Verfassen der Hymne zwingen wollen, schleudert Orpheus mit Hilfe gigantischer Infraschallwellengeneratoren eine akustische Lanze gegen die Massen, bis sich eine Schreckenerregende, totale Stille herabsenkt. Die Wiedergeburt der Hellhörigkeit in die Taubheit des akustischen Alltags beschwörend, wird er von seinen Fans in einem wahnsinnigen, lautlosen Erinnyen-Ballett buchstäblich in Stücke gerissen. Durch Transponierung der antiken Orpheus-Sage in die Zukunft versucht der Autor, Auswüchse des Starkults und der Massenbeeinflussung mit mythischen Elementen zu verbinden.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Süddeutscher Rundfunk 1978
  • Erstsendung: 02.10.1978 | 56'35

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