ARD-Hörspieldatenbank

Hörspielbearbeitung
Die Gräfin von Parma
Vorlage: Die Gräfin von Parma (Roman, ungarisch)
Übersetzung: Reneé von Stipsicz-Gariboldi
Bearbeitung (Wort): Vibeke von Saher-Peusch
Komposition: Henrik Albrecht
Technische Realisierung: Gertrudt Melcher, Anne Effertz
Regie: Claudia Johanna Leist
Der vornehme Fremde bezieht das schönste Gastzimmer im "Weißen Hirschen" zu Bozen: mit großen Flügelfenstern auf den Hauptplatz, mit goldverzierten Möbeln und einem funkelnden venezianischen Spiegel über dem Kamin. Hier kann er sich, nach den Strapazen seiner Flucht aus den Bleikammern der Serenissima, endlich ausruhen. Und den Stubenmädchen Avancen machen, die neureiche Haute-Volee des biederen Städtchens um einige Skudi erleichtern - kurz, das Leben jenes Ungenannten führen, den wir als Giacomo Casanova in vielen literarischen und musikalischen Erscheinungsformen kennen. Der große Erzähler Marai fügt noch eine Variation hinzu - die der blutjungen, schönen Frau des Grafen von Parma, der einzigen Frau, die Casanova je wirklich berührt hat und die er noch immer zu erobern hofft.Wie auch in seinen früheren Romanen - allen voran "Glut" - entwirft der erst spät wiederentdeckte ungarische Autor einen Kosmos der Farben, des Rausches und der Einsamkeit. Die Figuren sind unauflöslich miteinander verstrickt, die Charaktere minutiös gezeichnet, die Sprache schwingt auf hohem Seil.
Sandor Marai (1900-1989) wurde in Kaschau (damals Ungarn, heute Slowakei) in einer kosmopolitischen Familie geboren und lebte viele Jahre, teils als Korrespondent der Frankfurter Zeitung, in Paris, aber auch in Leipzig, Frankfurt und Berlin. 1928 kehrte er nach Ungarn zurück, emigrierte aber 1948 in die USA. Die ungarische Regierung hatte ihn zur Persona non grata erklärt. 1989 nahm Marai sich das Leben. Erst nach seinem Tod wurden seine Arbeiten wieder entdeckt. Der WDR brachte nach "Glut" von ihm zuletzt "Tagebuch 1985-1989".