ARD-Hörspieldatenbank

Hörspielbearbeitung
Wie der Soldat das Grammofon repariert
Vorlage: Wie der Soldat das Grammofon repariert (Roman)
Bearbeitung (Wort): Leonhard Koppelmann, Sasa Stanisic
Komposition: Merima Kljuco
Technische Realisierung: Peter Harrsch
Regie: Leonhard Koppelmann
Aleksandar wächst als Einzelkind in Visegrad, einer Kleinstadt in Bosnien, auf. Er malt unfertige Bilder, lernt Lexika auswendig und kann ganze Passagen aus dem "Kapital" aufsagen, worauf sein Großvater - ein leidenschaftlicher Marxist - besonders stolz ist. Sein größtes Talent aber ist das Geschichtenerzählen. Immer wieder treibt er seinen Lehrer in den Wahnsinn, weil er sich nicht an das Thema für den Erlebnisaufsatz hält. Doch der Beginn des Bürgerkriegs 1992 ist ein Ereignis, das so brutal und unwahrscheinlich ist, dass es für andere Geschichten kaum Platz lässt. Mal mit schlichter Ehrlichkeit aus der Sicht des Kindes, mal sprachmächtig und distanziert aus der Sicht des jungen Erwachsenen, der inzwischen mit seinen Eltern in den Westen geflohen ist, beschreibt Sasa Stanisic die Erlebnisse seines Protagonisten und Alter Egos Aleksandar: das Aufwachsen in einer rohen, aber intakten Welt, der gewaltsame Verlust dieser Welt, nachdem die Paramilitärs - "Bräutigame mit Bart, oben Tarnjacke, unten Trainingshose" - mit Schusssalven feiern, "die Stadt zur Braut genommen zu haben". Seine Fantasie kann Aleksandar nur bedingt vor dem Verlust der Heimat schützen und irgendwann will er Klarheit darüber, was sich wirklich ereignet hat, was erfunden und was verschwiegen worden ist: War er wirklich ein ehrgeiziger Pionier, der Karl-Marx-Strichmännchen gezeichnet hat, wie seine Oma behauptet? Oder war es eben doch nur Omar Sharif, wie er sich erinnert? Und warum palavert seine Familie über alles Mögliche, aber wird stumm, wenn es darum geht, was Onkel Miki während des Krieges getan hat?
Sasa Stanisic wurde 1978 in Visegrad geboren (Bosnien-Herzegowina). 1992 flüchtet er ins Exil nach Deutschland. Hier schloss er sein Studium des Deutschen als Fremdsprache und der Slawischen Philologie mit Auszeichnung ab. Seit 2001 hat er zahlreiche deutschsprachige Texte veröffentlicht, u.a. in der Publikation "20 unter 30. Junge deutsche Autoren" (DVA, 2002). Bei den 29. Tagen der deutschsprachigen Literatur (Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb) 2005 erhielt er den Kelag-Publikumspreis. Der HR sendete 2005 sein Hörspiel "Träum! Traum. Traumata". Im Herbst 2006 erschien sein Debütroman "Wie der Soldat das Grammofon repariert" im Luchterhand-Literaturverlag.