ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Marienplatz
Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Adele Kurdziel
Regie: Renate Pittroff
Einmal Löwe, immer Löwe. Der Kioskpächter Rudi Aumiller, der am Münchner Marienplatz Fanartikel seines Lieblingsvereins verkaufte, hat sich vor wenigen Tagen umgebracht. Ehefrau Wally macht Inventur, eine Warenbestands-Inventur, die zur Lebens-Inventur wird. Zwischen Grillschürzen, Liga-Wimpeln und Retro-Schals rekapituliert die Witwe die wichtigsten Momente eines Ehelebens mit einem eingefleischten "Sechzger": "Mitgefangen, mitgehangen praktisch und meinen Sie vielleicht, i wär freiwillig in diese laute Wohnung an der Tegernseer Landstrasse zogn? Aber das Wohnzimmer hat halt genau 18,60 Quadratmeter Grundfläche ham müssn und desweng hat der Rudi gsagt, 18,60 Quadratmeter ist ein göttlicher Fingerzeig und mir müssns nehmen." Wally hat sich einen denkbar schlechten Tag für ihre Inventur ausgesucht. Denn während sie im Kiosk der Sache mit dem Leben und Sterben auf den Grund geht, füllt sich der Marienplatz mit Bayernfans, die ihrer Mannschaft, die schon wieder irgendeinen Meistertitel gewonnen hat, zujubeln wollen. Wallys Worte gehen im Lärm der Menge unter. Stefan Weigl thematisiert in seinem neuen Hörspiel seine Heimatstadt, setzt Blau gegen Rot und spielt - auch akustisch - in einem Mikrokosmos das Prinzip Armut und Reichtum durch.
Stefan Weigl, geboren 1962 in München, lebt in Köln und arbeitet als Autor für Hörfunk, Film und Fernsehen. "Stripped" ist sein erstes Hörspiel, es wurde gefördert mit einem Stipendium der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen.