Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Elias Khoury
Das Tor zur Sonne (1. Teil)
Vorlage: Das Tor zur Sonne (Roman, arabisch)
Übersetzung: Leila Chammaa
Bearbeitung (Wort): Helmut Peschina
Komposition: Franz Hummel
Technische Realisierung: Günther Kasper
Regieassistenz: Christine Knecht
Regie: Leonhard Koppelmann
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Felix von Manteuffel Khalil Matthias Habich Yunus Charlotte Schwab Nahila Rosemarie Fendel Umm Hassan Angelika Bartsch Amna Claus-Dieter Clausnitzer Amdjad, Arzt Anuk Ens Schams Renate Fuhrmann Israelin Peter Niemeyer Fauzi Vanessa Stern Ärztin Christa Strobel Mutter von Yunus
Im heruntergekommenen Galiläa-Krankenhaus im Flüchtlingslager Schatila bei Beirut sitzt der ehemalige Fedajinkämpfer und Mediziner Khalil am Krankenbett seines väterlichen Freundes Yunus, dem Kämpfer und Helden, der sich seit seiner Jugend der palästinensischen Sache verschrieben hatte und im Lauf der Jahrzehnte zu einer zentralen Figur der Freiheitsbewegung und einer lebenden Legende geworden ist. Nun liegt er nach einem Schlaganfall im Koma. Der leitende Arzt des Krankenhauses Dr. Amdjad hat ihn aufgegeben, aber Khalil, der sein medizinisches Wissen in einem Intensivkurs in China erworben und seither den inoffiziellen Status eines Arztes hat, will sich nicht abfinden: In Anlehnung an die chinesische Medizin versucht er, den Freund ins Leben zurückzuholen, indem er unermüdlich mit ihm spricht. Als Dr. Amdjad den Komapatienten nach drei Monaten in ein Pflegeheim verlegen will, lässt Khalil sich darauf ein, sich in dem Krankenhaus, das er einst geleitet hat, als leitender Pfleger anstellen zu lassen. So sitzt Khalil mehr als sechs Monate am Bett seines Freundes und erzählt gegen dessen Sterben an. Er erzählt ihm auch vom "Tor zur Sonne", jener Höhle im besetzten Gebiet Palästinas, in der sich Yunus und seine Frau Nahila über die langen Jahre des israelisch-palästinensischen Krieges hinweg heimlich trafen, um so ihre Liebe und die Hoffnung auf ein freies Palästina lebendig zu halten. Khalils einsamer Dialog mit dem Komapatienten fächert sich zu einem Kaleidoskop von Episoden und Geschichten auf, Geschichten aus den palästinensischen Flüchtlingslagern, Geschichten der Verfolgung, des Widerstands und des Krieges. Und so erzählt Khalil gegen das Vergessen auch die Geschichte des palästinensischen Volkes und ihrer "Al-Nakba", der historischen "Katastrophe", durch die 800.000 Palästinenser im Zuge des ersten Palästinenserkrieges und der israelischen Staatsgründung 1948 ihre Heimat verloren. Der Autor verstärkt jedoch keineswegs ein Täter-Opfer-Schema aus rein palästinensischer Sicht, er legt vielmehr die Risse in den verhärteten Fronten frei und zeigt, "dass der palästinensische wie der israelische Schmerz ein Spiegel für die jeweils andere Seite sein muss."
Weitere Informationen
Elias Khoury, 1948 in Beirut geboren, ist nicht nur einer der bedeutendsten Schriftsteller der arabischen Welt, sondern auch einer ihrer engagiertesten Intellektuellen. Nach dem Studium der Geschichte und Soziologie nahm er als palästinensischer Freiheitskämpfer an Einsätzen in Jordanien und im Libanon teil. Von 1973 bis 1979 war Khoury für das PLO-Forschungszentrum in den Flüchtlingslagern im Libanon tätig, wo er mit den unzähligen Flüchtlingsschicksalen in Berührung kam, die er in seinen Roman "Das Tor zur Sonne" einfließen lässt. Ab den siebziger Jahren verlagerte sich sein Engagement zunehmend in den journalistischen und kulturellen Bereich: Er wirkte als Mitherausgeber zahlreicher politischer Zeitschriften, war einige Zeit künstlerischer Leiter des Beiruter Theaters und lehrte als Dozent für arabische Literatur an verschiedenen Universitäten des Libanon und an der Columbia University in New York. Seit 1992 ist er leitender Kulturredakteur der Beiruter Tageszeitung "an-Nahar" und setzt sich in seinen zahlreichen Publikationen, Theaterinszenierungen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und seinen Romanen immer wieder kritisch mit den politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen im Nahen Osten auseinander. So wurde sein Roman "Das Tor zur Sonne" 1998 als "ein in seiner Radikalität beeindruckendes Epos" mit dem Palästina-Preis ausgezeichnet.
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 2006
- Erstsendung: 15.10.2006 | WDR 5 | 54'15
Rezensionen (Auswahl)
- Waldemar Schmid: Funk-Korrespondenz. 54. Jahrgang. Nr. 43/44. 27.10.2006. S. 36.