ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Reise ans Ende der Nacht (1. Teil: Jetzt ist Krieg!)
Vorlage: Reise ans Ende der Nacht (Roman, französisch)
Übersetzung: Hinrich Schmidt-Henkel
Bearbeitung (Wort): Michael Farin
Komposition: zeitblom
Technische Realisierung: Hans Scheck, Angelika Haller
Regieassistenz: Stefanie Ramb
Regie: Ulrich Lampen
Wie ein Meteorit schlug Célines Erstling im Jahre 1932 ein. Von der Kritik sogleich als ein Meisterwerk der französischen Literatur begriffen - und auch als Meisterwerk der Weltliteratur -, galt sein Autor, mit bürgerlichem Namen Louis-Ferdinand Destouches (1894-1961), fortan als einer der bedeutendsten Autoren des Zwanzigsten Jahrhunderts. Ein literarischer Fixstern, der so manchem den Weg wies. Und das, obwohl er später forsch und uneinsichtig die Abwege des schlimmsten Antisemitismus' betreten sollte. Auch heute noch erfüllt Célines gewaltiger Roman Voyage au bout de la nuit all die zahllosen, ihm zugeschriebenen Attribute mühelos mit Leben: Er lässt sich als Monument menschlicher Zerrissenheit lesen wie auch als Hymne auf die Anarchie, als Tirade auf den Ekel wie als permanente Ohrfeige für jeden und alles, als bombastische Dekonstruktion aller Werte oder, wie Céline selbst schrieb, gar als Zeugnis eines kompletten Deliriums. Isak Grünberg, Autor der ersten deutschen, bereits 1933 erschienenen (allerdings vom Verlag verstümmelten) Übersetzung, sah in diesem Roman "ein Bombenattentat, gerichtet nichtgegen einzelne glänzende, aber längst unterhöhlte Paläste, sondern gegen den ganzen Bau unserer Menschenwelt. ... Ein schriller Schrei, der unliebsam in den Schlaf der Schläfer klingelt." Philip Roth präzisiert: "Um die Wahrheit zu sagen: Mein 'Proust' in Frankreich, das ist Céline! Er ist wirklich ein sehr großer Schriftsteller und ein großer Befreier." Die euphorischen Reaktionen anlässlich der ersten vollständigen und adäquaten deutschen Übersetzung durch Hinrich Schmidt-Henkel schrieben diese Sichtweise fort. In seinem Artikel versteht Andreas Isenschmid (Die Zeit, 22.5.2003) etwa die Lebensreise des Protagonisten, des Medizinstudenten und späteren Arztes Bardamu, durch den Ersten Weltkrieg, psychiatrische Kliniken, französische Kolonien in Afrika, nach New York und zurück in die französischen Vorstädte als Erkundung des von Freud beschriebenen Todestriebes: "Es gibt wohl nicht viele Romane, die die gesellschaftliche Dunkelheit der Zwischenkriegszeit in so enzyklopädischer Totalität und so bedrückend von unten, aus der Sicht der Erniedrigten zeigen."