ARD-Hörspieldatenbank

Hörspielbearbeitung



James Joyce

Ulysses (11. Teil: Sirenen)

Szene: Konzertsaal; Uhrzeit im Roman: 16 Uhr; Organ: Ohr; Kunst: Musik; Symbol: Barmädchen; Technik: Fuga per canonem


Vorlage: Ulysses (Roman, englisch)

Übersetzung: Hans Wollschläger

Bearbeitung (Wort): Klaus Buhlert

Komposition: Klaus Buhlert

Dramaturgie: Manfred Hess

Technische Realisierung: Andreas Meinetsberger, Klaus Buhlert


Regie: Klaus Buhlert

Der  11. Teil, "Sirenen", spielt um 16 Uhr in der Bar des Ormond Hotels. Auch Leopold Bloom findet sich hier ein. Er hat auf der Straße zufälligerweise Balzes Boylan gesehen und ist ihm hierhin gefolgt. Bloom ist verwundert, vermutete er doch den ganzen Tag über, dass Molly, Blooms Frau, sich mit Boylan  für den Nachmittag zu einem erotischen Abenteuer zuhause in der Eccles Street verabredet hat. Musik ist das große Thema. Eine kleine Anekdote beleuchtet den biografischen Hintergrund: James Joyce war selbst ein hervorragender Tenor. Als ein Fan seiner Bücher einmal einen Bürger aus Dublin fragte, ob ihm der Schriftsteller James Joyce bekannt sei, verneinte dieser. Er kenne nur den Sänger. Im "Sirenen"-Kapitel des "Ulysses" reden die Besucher des Ormond Hotels viel über Musik. Es wird die Arie "M'  appari" aus Flotows Oper "Martha" angestimmt und das irische Traditional "The Croppy Boy". Die Lieder handeln von unglücklicher Liebe und von einem von den Engländern erhängten Bauernjungen. Die Erzählstruktur des Textes selbst greift dabei auf musikalische Techniken wie Fuge und Kanon zurück, mit denen Joyce Handlung und Figuren in Szene setzt. Die Bezüge zur "Odyssee"  des Homer sind locker geknüpft. Wen der betörende Gesang der Sirenen an ihre Gestade lockt, dessen Schiff zerschellt.  Odysseus kann ihnen nur am Mast festgebunden widerstehen, während er seinen Gefährten die Ohren verstopft. Als Prolog montiert Joyce einen klangpoetisch verdichteten Text aus den Sätzen, Motiven und Geräuschwörtern des Kapitels. Die Sirenen nehmen in den  Bardamen des Ormond Hotels, Miss Kennedy und Miss Douce, Gestalt an. Bloom,  wie Odysseus,  kann auch hier den Verlockungen noch widerstehen.

James Joyce, geboren am 2. Februar 1882 in Dublin, gestorben am 13. Januar 1941 in Zürich, studiert nach seiner Schulzeit an den jesuitischen Colleges Congowes Wood und Belvedere moderne Sprachen. Anschließend bricht er zu seinem ersten Parisaufenthalt auf. Nach Dublin kehrt er 1903 aufgrund der Erkrankung seiner Mutter zurück, die kurz darauf stirbt. Am 16. Juni 1904 führt Joyce seine spätere Lebensgefährtin Nora Barnacle zum ersten Mal aus (dieses Datum wird als ›Bloomsday‹ im "Ulysses" verewigt); das Paar verlässt Irland und versucht zunächst in Zürich, dann in Pula Fuß zu fassen. Andauend in Geldnot arbeitet Joyce als Englischlehrer in Triest und beendet 1906 seinen Erzählband "Dubliners", der erst 1914 veröffentlicht wird. Daraufhin beginnt er mit seiner Arbeit am "Ulysses". 1916 erscheint "A Portrait of the Artist as a Young Man". Während des Ersten Weltkriegs droht Joyce als britischem Staatsbürger in Österreich-Ungarn die Verhaftung; er geht nach Zürich, wo er über Vermittlung von Ezra Pound die englische Feministin und Verlegerin Harriet Shaw Weaver kennenlernt, die ihn zeitlebens finanziell unterstützt. 1922 beendet Joyce an seinem 40. Geburtstag die Arbeit an "Ulysses", den im gleichen Jahr Shakespeare & Company veröffentlicht. 1939 erscheint "Finnegans Wake" in London. 1940 muss Joyce aus Paris vor der anrückenden Deutschen Wehrmacht fliehen und kehrt nach Zürich zurück. Klaus Buhlert, geboren 1950, lebt seit seiner Flucht aus der DDR ab 1972 in Berlin. Nach einem Studium der Musik, Akustik und Informatik ging er an das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge/ USA und erhielt danach einen Lehrauftrag der Elektronischen und der Computer-Musik an der Technischen Universität Berlin. 1983 lernte er den Regisseur George Tabori kennen und schrieb für ihn bis 1995 zahlreiche Bühnenmusiken. Daneben schuf er weitere Theater- und FIlmmusiken, u.a. für den Film "Natural Born Killers" von Oliver Stone. Seit 1992 arbeitet Buhlert zumeist in Personalunion als Autor, Bearbeiter, Komponist und Regisseur für das ARD-Hörspiel. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen: u.a. Deutscher Hörbuchpreis für "Der Mann ohne Eigenschaften" nach Robert Musil; Hörspiel des Jahres für "Mosaik" nach Konrad Bayer 2004; Preis der Akademie der Künste 2001 für "Die Reise" nach Bernward Vesper. 

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Manfred ZapatkaErzähler
Corinna HarfouchErzählerin, Miss Mina Kennedy
Stefan WilkeningBlinder, Pater Bob Cowley
Ernst StötznerSimon Dedalus
Dietmar BärLeopold Bloom
Jacqueline MacaulayMiss Lydia Douce
Michael LuckeBen Dollard
Wolfram KochBlazes Boylan, Tom Kernan
Felix von ManteuffelRichie Goulding
Milan PeschelLenehan
Lars RudolphHausknecht


Jens Harzer in der Rolle des Stephen Dedalus und Regisseur Klaus Buhlert (l.) | © SWR/Conny Fischer

Jens Harzer in der Rolle des Stephen Dedalus und Regisseur Klaus Buhlert (l.) | © SWR/Conny Fischer

Jens Harzer in der Rolle des Stephen Dedalus und Regisseur Klaus Buhlert (l.) | © SWR/Conny Fischer
Werner Wölbern spricht die Rolle des Buck Mulligan | © SWR/Conny Fischer
Regisseur Klaus Buhlert | © SWR/Conny Fischer/Hörverlag
Manfred Zapatka als Erzähler | © SWR/Conny Fischer/Hörverlag
Stefan Wilkening spricht mehrere Rollen. | © SWR/Conny Fischer/Hörverlag
Milan Peschel und Regisseur Klaus Buhlert (r.) | © SWR/Conny Fischer/Hörverlag
Rufus Beck spricht die Rolle des O'Molloy und den Erzähler (l.) und Regisseur Klaus Buhlert | © SWR/Conny Fischer/Hörverlag

Rufus Beck spricht die Rolle des O'Molloy und den Erzähler (l.) und Regisseur Klaus Buhlert
© SWR/Conny Fischer/HörverlagRufus Beck spricht die Rolle des O'Molloy und den Erzähler (l.) und Regisseur Klaus Buhlert
© SWR/Conny Fischer/Hörverlag



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Südwestrundfunk / Deutschlandradio 2012

Erstsendung: 16.06.2012 | 85'15


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • CD-Edition: Der Hörverlag 2012


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • Stefan Fischer: Bloomsday. In: Süddeutsche Zeitung 07.01.2012. S. 19.
  • Gaby Hartel: Ein liebenswertes Buch. In: epd Medien 22.06.2012. S. 3.
  • N.N.: Mein Tag mit Mr. Bloom. In: Stuttgarter Zeitung 18.06.2012.
  • Stefan Fischer: Große Fragen. 22 Stunden »Ulysses«: ein wahnwitziger Radiotag beim SWR. In: Süddeutsche Zeitung 15.06.2012. S. 17.
  • Alexander Cammann: Die verführerischsten Sätze. In: Die Zeit 14.06.2012. S. 53.
  • Jan Scheper: »Das Hörspiel konzentriert sich auf das schönste Organ«. In: die tageszeitung 14.06.2012. S. 15.
  • Ricarda Bethke: »Ulysses« im Radio: Eine Dauersendung der besonderen Art. In: Freitag 14.06.2012. S. 1.
  • Jochen Schmidt: Jedes Leben ist ein Epos. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 10.06.2012. S. 31.
  • Eva-Maria Lenz: Der unvergessliche Tag. In: Funkkorrespondenz 08.06.2012. S. 24.| Christian Brückner: Bloomsday auf allen Kanälen. In: epd Medien 07.06.2012.
  • Stefan Fischer: Parallelwelten. In: Süddeutsche Zeitung 13.04.2012. S. 15.
  • Elmar Krekeler: Große polyphone Sprachoper. In: Funk-Korrespondenz. 08.03.2013. S. 3.

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