ARD-Hörspieldatenbank

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Originalhörspiel



Hansjürgen Wille, Wolfgang Hellmert

Schattenkampf



Regie: N. N.

Hansjürgen Wille und Wolfgahg Hellmert, zwei junge Dichter aus dem Kreise der Zwölf haben diese Hörszene geschaffen. — Das Zwiegespräch eines Gehenkten mit seinem Henker. Der Mörder Jim o’Coon, der den Matrosen Pat aus Eifersucht erschlagen hat. ist am Morgen hingerichtet worden. Sein Henker, Mac Corner, sitzt am Abend des Hinrichtungstages in seiner Wohnung und hört die Rufe der Zeitungsverkäufer, die schreiend die Schlagzeilen ihrer Blätter verkünden. — Große Sensation! —- Die Hinrichtung des Mörders o’Coon! — Die letzten Minuten des Hingerichteten! Wie Zentnerlasten wälzen sich die kurzen Worte auf den Vollstrecker des Urteils, der nur die Erfüllung seiner Amtspflicht, die Ausübung seines grauenvollen Berufes vollzog. — Jetzt ist sein Innerstes aufgewühlt, seine Seele von ihm losgerissen, der lebende fühlende Mensch Mac Corner steht neben dem Henker Mac Corner, um der Stimme aus dem Jenseits, dem Rufe des gerichteten Jim o’Coon, zu lauschen, um sich zu rechtfertigen, gegen die Anklagen aus dem Munde des Toten. Aus dem Schlafzimmer klingt der leise Gesang seiner Frau, die ihre Kinder in den Schlaf singt Das Leben lockt, aber Mac Corner ist in den Bann des Gerichteten gezogen, er begehrt auf und gebietet Ruhe. Sein Hirn ist zermartert. Wie gierige Zähne zerfleischen tausend Fragen sein Innerstes. Schuldig oder nicht schuldig? Wer gab dir das Recht zu töten? Ist jedes Urteil unfehlbar? Warum tötete er jenen? Warum richtete ich ihn? Da steht der Geist des Gehenkten vor ihm. Ganz nahe klingen diese harten Worte, die auf jeden Einwand eine Erwiderung wissen, die ihn in die Enge treiben, seine Beweggründe, seine Pflichterfüllung, sein Handwerk zerfetzen, wie etwas Morsches, Verwelktes, das dem leisesten Ansturm keinen Widerstand zu leisten vermag. „Ich habe den Mord begangen, ich würde ihn jeden Tag wieder begehen“ — schreit die Seele des Totschlägers — „aber warum habe ich gemordet? Weil mein Leben zerstört wurde, weil ich nicht weiterleben konnte, solange jener atmete. Ich habe ihn erschlagen, mit seinen Tode habe ich mein Leben erkauft. Ich hätte weiterleben können . . . können. Der Henker bäumt sich auf, er will diesen furchtbaren Bann zerreißen, er brüllt wie ein Gequälter. „Gehe an den Galgen zurück! Plärre dem Wind deinen Jammer vor.“ „Nein, nicht dem Wind. Dir, dir soll er die Ohren zerreißen. Der Wind ist ein schlechter Kumpan für den Jammer, der fliegt vorbei. Aber dich habe ich und dich lasse ich nicht, du bist mir Rechenschaft schuldig.“ droht kalt und scharf die Stimme des toten Anklägers, der seinen Henker gepackt hat, der von unstillbarem Rachegefühl ist gegen ihn. Der tötete und weiterlebte. Der Henker kämpft bis zur Selbstverleugnung, bis seine Kräfte erlahmen und er sich selbst den Tod gibt. „Gib mir die Hand, Mac Corner,“ schmeichelt die Stimme des Gehenkten, „gib mir deine Hand, du wirst mir folgen, und wir werden Brüder sein.“ (dt.: Die Norag. Heft 24. 14. Juni 1929. S. 5)

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Karl PündterDer Henker
Hans FreundtDer Gehenkte
M. HempelDie Frau des Henkers


 


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Hörspiel historisch (vor 1933) - © DRA/Hanni Forrer


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

NORAG - Nordische Rundfunk AG (Hamburg) 1929

Erstsendung: 17.06.1929 | 20:00 Uhr | ca. 30'00


Livesendung ohne Aufzeichnung


Grundlage der Datenerhebung: Nachlass Karl Block (Hörspiele); Der Deutsche Rundfunk (Programmzeitschrift)


REZENSIONEN

  • Sti.: Kritik - Zeitdramatik: Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. 28.06.1929. Heft 26. S. 851.
  • Skr.: Was die Woche brachte: Schattenkampf: Der Rundfunkhörer. 6. Jahrgang. 28.06.1929. Heft 9. S. 10.

Darstellung: