ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Jaburek
History-Fiction-Hörspiel
Komposition: Matthias Thurow
Regie: Heinz-Wilhelm Schwarz
Jaburek, der brave Kanonyr, kann nur Tscheche sein. Ob er existiert hat, so als physische Person, ist nicht erwiesen und nicht widerlegt. Sicher hängt er an der Wand im Wirtshaus "Zum braven Kanonyr Jaburek" in Sadová. Ein Brustbild, mit Ölfarben von einem zeitgenössischen Künstler lebensecht gemalt; und er wird besungen, vom Volksmund. Seit rund ein hundertzwanzig Jahren dasselbe Spottlied von seiner unerschöpflichen Tapferkeit. Auch mit überaus spärlicher Körperlichkeit ist Volksheld Jaburek befähigt, Unmögliches möglich zu machen. Er ist Vermittler, ein Informant und Zeitzeuge der großen Schlacht bei Königgrätz 1866. Und er ist für eine Dame aus Wien und einen Herrn aus Berlin so etwas wie ein Pilgerziel. Beide sind mit der Geschichte, jeweils ihres Landes, nicht einverstanden, nicht zufrieden und sind auf der Suche nach einer jeweils anderen Geschichte. Österreich - Preußen, ob das anders ausgehen kann, anders ausgehen könnte? Nach "Die gar köstlichen Folgen einer Belagerung" und "Dieu le veut!" legt Franz Hiesel das dritte Exempel für ein Hörspielgenre vor, das er mit "History-Fiction-Hörspiel" umschreibt; Witz, Satire und Spott sind dabei wichtige Vorzeichen. So wie Schweijk an allem unschuldig, ist Jaburek an allem schuld. Genau genommen stellt der "Brave Kanonyr Jaburek" Krieg, Kriegsursachen, Kriegshandlungen, das Militär ebenso infrage wie später der souverän-dumme, doch mit sämtlichen Wassern gewaschene und durchtriebene "brave Soldat Schweijk".
Franz Hiesel wurde 1921 in Wien geboren, arbeitete neben literarischer Tätigkeit zunächst als Bibliothekar, bevor er 1960 als Hörspieldramaturg nach Hamburg ging. Später übernahm er die Leitung der Hörspielabteilung des ORF/Landestudio Wien. Franz Hiesel hat ein umfangreiches Hörspielwerk vorgelegt, 1959 erhielt er für "Auf einem Maulwurfshügel" den "Hörspielpreis der Kriegsblinden".