Originalhörspiel, Mundarthörspiel

Autor/Autorin: Wilhelmine Siefkes

Mudder Taletta

Niederdeutsches Hörspiel

Technische Realisierung: Peter Nielsen, Annette Alt
Regieassistenz: Werner Staats

Regie: Hans-Jürgen Ott

Die Autorin Wilhelmine Siefkes aus Leer in Ostfriesland gehört zu den wenigen niederdeutschen Schriftstellern, die im Dritten Reich so unangenehm auffielen, daß sie mit Schreibverbot belegt wurden. Es gehört zu den Ungereimtheiten jener Zeit, daß sie es nicht zuletzt der Fürsprache des damaligen Landesleiters der Reichsschrifttumskammer, August Hinrichs, verdankt, vor dem Schlimmsten bewahrt geblieben zu sein.

Das Hörspiel "Mudder Taletta" [...] läßt eine alte Frau zu Wort kommen, die den Besuch ihrer nach Kanada ausgewanderten Tochter erwartet. In der Spannung vor dem ersten Wiedersehen nach zwanzig Jahren beruhigt sie sich selbst mit Erinnerungen an wichtige Stationen ihres Lebens. Immer wieder vermischt sich dabei Privates mit Politischem, ohne daß diese Frau je Interesse an Politik gehabt hätte; ihr ging es ein Leben lang nur um Glaube, Liebe, Hoffnung. Aber auch in einer ostfriesischen Kleinstadt gab es Rassenhaß, der den Glauben eines Kindes an Gott und die Menschen zerstören konnte, gab es gesellschaftliche Zwänge, die stärker waren als die Liebe eines jungen Mädchens, gab es Krieg und Besatzung, die der Hoffnung einer einsamen Frau auf eine gemeinsame Zukunft mit der einzigen Tochter ein Ende setzten.

Wilhelmine Siefkes beschreibt aus der durchaus begrenzten Perspektive einer einfachen Frau fast ein ganzes Jahrhundert deutscher Geschichte; und diese Frau selbst verkörpert in ihrem ebenso selbstkritischen wie festen Beharren auf dem Respekt vor der Einmaligkeit des einzelnen Menschen das Gegenteil jener Kräfte, die unser Jahrhundert geprägt haben.