Hörspielbearbeitung, Kriminalhörspiel
Autor/Autorin:
Michael Fehr
Simeliberg
Vorlage: Simeliberg (Roman)
Komposition: Schneider TM, Claudia Graue, Marcus Melzwig, Christopher Nell
Redaktion: Katarina Agathos
Technische Realisierung: Jean Szymczak, Huber, Marcus, Adele Kurdziel
Regie: Kai Grehn
Realisation: Kai Grehn
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Michael Fehr Erzähler Martin Feifel Griese Heinz-Josef Braun Schwarz Johanna Bittenbinder Fahnderin Kathrin von Steinburg Annett Wyss Markus Krojer Anton Wyss Judith Toth Weiss Stefan Murr Polizist 1 Gerhard Wittmann Polizist 2
Oben die Stadt, die Zivilisation, unten der Sumpf, das Tal, die Unterwelt, in der Ungeheuerliches geschieht - dieses Setting ist die Welt von Simeliberg. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich Gemeindeverwalter Griese, der von der Sozialhilfebehörde losgeschickt wird, um den Bauern Schwarz aus dem Tal in die Stadt zu holen. Denn die Frau des Bauern ist verschwunden und Gerüchte machen die Runde. Wider seinen Willen wird Griese in Ereignisse verstrickt, die immer undurchsichtiger werden. Der angeblich arme Schwarz zeigt ihm eine Geldkassette mit Bündeln von Geldscheinen. Kurz nachdem der Bauer in der Stadt in Gewahrsam genommen wurde, explodiert sein Haus. Sieben junge Männer kommen dabei um, offenbar haben sie den Bauern als Guru verehrt. Doch als Griese - als Halbdeutscher sowieso kein vollständig anerkanntes Mitglied des sozialen Gefüges - auf eigene Faust zu ermitteln beginnt, wendet sich die Stimmung im Ort gegen ihn und Unterstellungen werden laut. Michael Fehrs Roman ist voller Leerstellen, die Leser und Hörer selbst füllen müssen. Die offenen Fragen sind die beabsichtigte Forderung des Autors an die Fantasie seiner Rezipienten. Dabei legt er in seinen rauen Wortskizzen so viele Spuren aus wie nötig, um dem unheimlichen Geschehen in der kleinen Schweizer Stadt zu folgen, bleibt aber in der Ausformulierung so reduziert wie möglich.
Kai Grehns Hörspielinszenierung lässt den Text gewissermaßen wieder in seinen Ursprungszustand zurückkehren: in die gesprochene Sprache. Denn der Autor erstellt seine Werke aufgrund einer Augenkrankheit nicht schreibend, sondern indem er ein Computerprogramm seine Stimme aufzeichnen lässt. Konsequenterweise übernimmt Fehr auch in der Hörspielfassung die Rolle des Erzählers. Mit ganz eigentümlicher Rhythmik löst Fehr das Gleichnis ein, das er an anderer Stelle einmal ausgegeben hat: "Artikulation gleich Perkussion." In seiner Reduziertheit ist dem Text damit ein hohes Maß an Musikalität eigen. Das Guggisberglied, eine Schweizer Volksweise, in der der titelgebende Simeliberg refrainartig auftaucht, gibt den Ton der Erzählung und auch des Hörspiels an: Düster, melancholisch. "'S isch äben e Mönsch uf Ärde", heißt es darin. Ein Satz, der für Michael Fehr Ausgangspunkt für seinen Roman ist: Wie das Guggisberglied ist auch Fehrs Text eine Geschichte, die von Schuld handelt und vom Geworfensein der Menschen ins Leben und - im Fall von Fehrs Figuren - in dessen Sumpf.
Weitere Informationen
Michael Fehr, geb. 1982, lebt als Autor in Bern. Für "Simeliberg" u.a. Auszeichnung mit dem Bayern 2 Wortspielepreis 2015. Weiteres Hörspiel: "Babel und die Studentin und ein Rebhuhn auseinandernehmen" (SRF 2015). Außerdem Mitbegründer von "Babelsprech", einem Projekt zur Förderung junger deutschsprachiger Lyrik.
Produktions- und Sendedaten
- Bayerischer Rundfunk / Radio Bremen 2017
- Erstsendung: 20.01.2018 | Bayern 2 | 83'31
Veröffentlichungen
- CD-Edition: Der gesunde Menschenverstand, Luzern 2023 (inclusive Roman)
Auszeichnungen
- Hörspiel des Monats Januar 2018
Rezensionen (Auswahl)
- N. N.: Hörspiel des Monats Januar: "Simeliberg" von Michael Fehr. In: Medienkorrespondenz vom 9.3.2018. S. 45.
- Florian Welle: Eine fatale Kombination. "Der gesunde Menschenversand" heißt ein kleiner Verlag aus Luzern, spezialisiert auf Spoken Word. Dort erscheint Michael Fehrs hochexplosiver Roman "Simeliberg" neu. Die Hörspiel-Adaption gehört dazu. In: Süddeutsche online vom 11.10.2023.