Hörspielbearbeitung

Autor/Autorin: Claude Simon

Das Pferd

Vorlage: Das Pferd (Le cheval) (Erzählung, französisch)
Übersetzung: Eva Moldenhauer
Komposition: Ulrich Lampen, Steffen Schleiermacher
Dramaturgie: Andrea Oetzmann
Technische Realisierung: Andreas Völzing, Judith Rübenach
Regieassistenz: Constanze Renner

Regie: Ulrich Lampen

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Christian RedlErzähler
    Jakob DiehlClaude
    Timo WeisschnurMaurice
    Lukas HupfeldWack
    Christian KlischatBruder
    Jannek PetriLeutnant
    Martin EnglerBär
    Katja BrüggerWirtin
    Berthold ToetzkeWirt
    Mario FuchsLeclerc
    Barbara Nüssedie Alte

»Wir betrachteten das immer noch hinten im Stall auf der Seite liegende Pferd. Man hatte ihm eine Decke übergeworfen. Und es ragten nur seine Insektenbeine heraus, sein schrecklich langer Hals, an dessen Ende der Kopf hing, den auch nur zu heben es keine Kraft mehr hatte, knochig, zu groß mit seinen eingefallenen Backen, seinem nassen Fell, seinen langen gelben von den aufgeworfenen Lippen entblößten Zähnen. Nur das Auge schien noch zu leben, riesig, schmerzerfüllt, schrecklich, und von der glänzenden gewölbten Oberfläche widergespiegelt konnte ich uns sehen, unsere drei im Halbkreis verzerrten Silhouetten.«

Eine finstere Regennacht während des Zweiten Weltkriegs. Der Erzähler und sein Regiment, französische Dragoner, reiten gen Osten, Richtung Berlin. Hungrig, durstig, verstört vor Angst und Müdigkeit, beziehen sie Quartier in einem nordfranzösischen Dorf. Dort werden sie Zeuge des langsamen Sterbens eines verletzten Armeepferdes, in dessen Auge sich die Agonie des Krieges zu spiegeln scheint. »Das Pferd«, erstmals 1958 in der Zeitschrift »Les Lettres Nouvelles« veröffentlicht, ist eine frühe Verarbeitung des Flandern-Materials, das den Autor bis zu seinem großen Antikriegsroman »Die Straße in Flandern« von 1960 über Jahre beschäftigte. In diesem erinnert er an das militärische Desaster Frankreichs von 1940, das ihn als Kavalleristen beinahe das Leben gekostet hätte. Mit dem Motiv der unschuldig leidenden Kreatur verarbeitet Simon das Grauen des Krieges und zollt zugleich der Natur, ihrer Schönheit und Wahrhaftigkeit, seinen Respekt.

Weitere Informationen
Claude Simon (1913–2005), geboren in Tananarive/ Madagaskar, ist Vertreter des »Nouveau Roman«, der in seinen Romanen mit herkömmlichen Erzählformen und chronologischen Abläufen bricht. 1985 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Im Jahr 2002 erschien auf Deutsch »Die Trambahn«. Claude Simon starb in Paris.

"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl, li.) und Maurice (Timo Weisschnur, re.)
SWR/Monika Maier
"Das Pferd", nach der gleichnamigen Erzählung von Claude Simon, Claude (Jakob Diehl, li.) und Maurice (Timo Weisschnur, re.) SWR/Monika Maier

Produktions- und Sendedaten

  • Südwestrundfunk 2018
  • Erstsendung: 22.04.2018 | SWR2 | 67'55

Rezensionen (Auswahl)

  • Stefan Fischer: Tote Zeit. In: Süddeutsche Zeitung vom 20.04.2018. S. 27.

Haben Sie Anregungen oder Ergänzungen zu diesem Eintrag?