ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung
Der Reisende
Vorlage: Der Reisende (Roman)
Bearbeitung (Wort): Irene Schuck
Redaktion: Susanne Hoffmann
Dramaturgie: Susanne Hoffmann
Technische Realisierung: Christian Alpen, Angelika Körber
Regieassistenz: Christine Wegerle
Regie: Irene Schuck
Er ist wohlhabend und gebildet, angesehener Kaufmann und Unternehmer, ein Bürger durch und durch. Und er ist Jude. Obwohl die Welt um ihn herum gerade in Scherben zerbricht, und die Gewaltexzesse gegen Juden in vollem Gange sind, wähnt er sich in Sicherheit. Doch dann poltert die Gestapo in seine Wohnung und er muss fliehen, Hals über Kopf. "Mir ist der Krieg erklärt worden, mir persönlich." Sein Teilhaber drängt ihn aus der eigenen Firma, ein Fluchtversuch nach Belgien scheitert, und der Schwager, bei dem Silbermanns arische Frau untergeschlüpft ist, lässt ihn auflaufen. "Ich lebe mit Verlust", resümiert er schließlich. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Rattert auf Geleisen erschöpft durch die Republik, drückt sich in ständiger Hab-Acht-Stellung auf Bahnsteigen herum und in Bahnhofsrestaurants, begegnet Menschen, die es mal besser, mal schlechter mit ihm meinen, bis ihm auch noch die letzte Sicherheit abhandenkommt: Seine prall gefüllte Aktentasche. Während er schläft, wird sie ihm geklaut. Jetzt ist er auch pekuniär bankrott und kann nicht mal mehr reisen. Wie ein Krimineller versteckt er sich in seiner eigenen Wohnung. Stur auf seinen Rechten beharrend, begibt er sich anderntags aufs Polizeirevier, um den Diebstahl zu melden. Dabei wird er verhaftet.
Ulrich Alexander Boschwitz (1915 – 1942) war gerade einmal 23 Jahre, als er den Roman "Der Reisende" schrieb. Nur vier Jahre später kam er im Atlantik nordwestlich der Azoren ums Leben. Das britische Schiff Abosso, auf dem er zusammen mit ca. 400 weiteren Passagieren und Besatzungsmitgliedern reiste, war von einem deutschen U-Boot torpediert worden. Der Roman wurde erst jetzt, 76 Jahre nach dem Tod seines Verfassers, zum ersten Mal in der Sprache publiziert, in der Boschwitz ihn verfasste (erschienen 2018 bei Klett-Cotta).
Irene Schuck, geboren in Salzburg, aufgewachsen in Berlin und München, studierte Philosophie an der Hochschule für Philosophie München. Seit 1987 ist sie Feature- und Hörspielregisseurin für die ARD und den ORF. Sie realisierte über 50 Hörspieladaptionen von literarischen Stoffen.