ARD-Hörspieldatenbank
Szenische Lesung
Diktat - Fünf Duineser Elegien
Vorlage: Duineser Elegien (Elegie, deutsch)
Bearbeitung (Wort): Christian Bertram
Redaktion: Hanspeter Krüger
Regie: Christian Bertram
Der Redakteur Hanspeter Krüger 1985 in der Einführung zur Sendung: "Es geht um den
Versuch, lyrische Texte im Radio zu präsentieren, einen Versuch, den wir in Abständen
immer wieder einmal unternehmen. Christian Bertram, der Realisator der folgenden
Aufnahme, hat sich an außerordentlich schwierige Texte aus der Lyrikproduktion dieses
Jahrhunderts herangewagt, an die "Duineser Elegien" von Rainer Maria Rilke. Die
"Duineser Elegien" wurden 1912 auf Schloss Duino bei Triest begonnen, in Spanien
und Paris fortgeführt bis 1914 und nach der Unterbrechung durch den Weltkrieg 1922
auf Schloss Muzot im Schweizer Wallis zum Abschluss gebracht. Die insgesamt zehn
Elegien, von denen die Sendung fünf vorstellt, bilden neben den "Sonetten an Orpheus"
eine der Summen von Rilkes Schaffen. Der Moment ihrer Niederschrift nach
mehrjährigem Schweigen, glich jeweils einer Ausnahmesitutation, einer spirituellen
Ekstase, die Rilke ansteuerte, der er sich unterwarf: 'Schreibend im Sturm eines Diktats,
mit beiden Händen nach rechts und links gleichzeitig wie Johannes auf Patmos', wie er
selbst schreibt.
Christian Bertram hat einen späteren Brief Rilkes beigebracht, der in der Nähe der
Elegien steht und auch der Realisation den Weg gewiesen hat. Wir zitieren: 'Die Natur,
die Dinge unseres Umgangs und Gebrauchs sind Vorläufigkeiten und Hinfälligkeiten,
aber sie sind, solange wir hier sind, unser Besitz und unsere Freundschaft. So gilt es,
alles Hiesige nicht nur nicht schlecht zu machen und herabzusetzen, sondern gerade
um seiner Vorläufigkeit willen, die es mit uns teilt, sollen diese Erscheinungen und
Dinge von uns in einem innigsten Verstande begriffen und verwandelt werden.
Verwandelt ? Ja, denn unsere Aufgabe ist es, diese vorläufige, hinfällige Erde uns so
tief, so leidend und leidenschaftlich einzuprägen, dass ihr Wesen in uns unsichtbar
wieder aufersteht. Wir sind die Bienen des Unsichtbaren. Die Erde hat keine andere
Ausflucht, als unsichtbar zu werden in uns, die wir mit einem Teil unseres Wesens am
Unsichtbaren beteiligt sind, Anteilscheine mindestens haben an ihm. Alle Welten des
Universums stürzen sich ins Unsichtbare als in ihre nächst tiefere Wirklichkeit. Wir sind
im Sinne der Elegien diese Verwandler der Erde. Unser ganzes Dasein, die Flüge und
Stürze unserer Liebe, alles befähigt uns zu dieser Aufgabe, neben der keine andere
wesentliche besteht'."
Aus dem Inhalt:
Die erste Elegie: "Wer, wenn ich schrie, hörte mich aus der Engel Ordnungen?"
Die vierte Elegie: "O Bäume Lebens, o wann winterlich…"
Die siebente Elegie: "Werbung nicht mehr, nicht Werbung entwachsene Stimme, sei
deines Schreies Natur…"
Die achte Elegie: "Mit allen Augen sieht die Kreatur das Offene…"
Die zehnte Elegie: "Dass ich dereinst am Ausgang der grimmigen Einsicht…"