Sendespiel (Hörspielbearbeitung)

Autor/Autorin: Alfred Wolfenstein

Die Nacht vor dem Beil

Drama in neun Bildern

Vorlage: Die Nacht vor dem Beil (Theaterstück)

Regie: Arthur Georg Richter

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Oskar NitschkeJank, der Verurteilte
    Wolfgang ZilzerAbel
    Schröder-SchromDer Richter
    Karl KarnerDer Aufpasser
    Eugen ThyssenSchmidt
    Renée KürschnerMeta
    Marianne FischerEin Mädchen
    Poldi SangoraEin Angehöriger
    Albert HofeleEin Angehöriger
    N. N.Weitere Angehörige
    Wladimir MartinelliBallgast
    Theodor BrandtBallgast
    Carl EbertBallgast
    MayenknechtBallgast

"Wolfensteins Drama "Die Nacht vor dem Beil", das für die Werktätigen zur Darstellung kam, tritt, alle Argumente des gegenteiligen Standpunktes überlegt und gelassen wägend und wertend, für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Es wurde im wesentlichen, vor allem von Zilzer und Freund, recht gut und verständnisvoll gesprochen." (Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. Heft 32 vom 09. August 1929. S. 1033)

"Die Todesstrafe ist das Thema eines in Berlin in jüngster Zeit mit großem Erfolg aufgeführten Dramas von Alfred Wolfenstein, das am Mittwoch abend beim Stuttgarter Sender erstaufgeführt wurde. "Die Nacht vor dem Beil", wie das Stück heißt, schilderte die letzten Stunden eines zum Tode Verurteilten. Die Aufführung des Stückes verdient unbedingt besonders erwähnt zu werden, denn die Darsteller gaben mit eindringlicher Wucht die letzten Stunden des Verurteilten wieder. Vor allem war es Wolfgang Zilzer als Abel, früher am Stuttgarter Schauspielhaus tätig, und sich in kurzer Zeit als Filmschauspieler einen großen Namen machte, der eine überragende Leistung bot." (Die Sürag, Südwestdeutsche Radio-Zeitung. 3. Jahrgang. Nr. 34 vom 25. August 1929. S. 6 in: Was wir hörten.)

" "Der Ermordete ist schuldig", die oft gehörte Anklage junger Dichtergenerationen hallt durch das Stück Alfred Wolfensteins. Ja, noch mehr: "Die Gesellschaft, wir alle sind schuldig". Weil wir es fehlen lassen an tiefem, mitleidendem Menschentum. Die Vorgeschichte ist diese: Ein Hungernder von der Landstraße kommt vor ein festliches Haus und bittet, um Brot die Fidel spielen zu dürfen. Wird hart, wird höhnisch abgewiesen, "weil er eben nicht mehr so musikalisch aussieht". Man hetzt sogar die Hunde auf ihn. Und der vor Elend und Hunger Rasende steckt das Haus der Tanzenden in Brand, macht sich zum Mörder, da einige in den Flammmen umkommen. Er wird zum Tode verurteilt. Und wir erleben nun seine acht letzten Stunden mit. Artur Georg Richters Spielleitung hatte die Spannung dieser neun Bilder durch Textkürzung noch komperimiert. Jedes wurde so zur Granate mit Aufschlagzünder. Heulend trieb es heran, platzte - traf ins Herz, bohrte sich ins Gewissen. Gott sei Dank, daß man diese gepeitschten Szenen nicht auch noch mit Augen sehen mußte. Das Ohr schon wurde taub davon. Das wütende Vergeltungsverlangen der Angehörigen der Opfer an der Gefängnismauer schürte Richter zum Furiensturm, indem er mit sausendem Winde nicht nur Kulisse schuf, sondern die Vielheit der Rachegelüste damit ineinanderpreßte, sie zu einem Ungeheuer unter dem Kerkerfenster machte. Allerdings, das Mikrophon war diesem Ansturm nicht gewachsen. Die herausgestoßenen Worte der Wut verloren oft genug ihre Gestalt und es blieb nur ein wildes Atmen, ein Schnauben, ein Röcheln. Aber vielleicht war das gerade Steigerung? Abel, der Sohn des Richters, der den Prozeß geführt hatte, ist der eigentliche Träger des Stücks. Ein furchtbarer Ankläger, ein rücksichtsloser Anwalt des Verurteilten, "...daß wir eigentlich alle Beile sind ...", das war eine böse Entgegnung auf das Liebesverlangen seines Mädchens beim Stelldichein in dieser grausigen Nacht. Und bei der Auseinandersetzung mit seinem Vater fällt das Wort: "Ein Richter müßte ein Vater sein". Ich mußte an Moissi denken, als Wolfgang Zilzer das Wort sprach: so weich und so hart, so inbrünstig verlangend. Zilzer fand auch Gipfel im Ausklang des Hörspiels: "Denn wir, wir müssen anfangen, das Leben heilig zu halten, wir zuerst, vor dem Mörder, wir!" Oskar Nitschke war groß in den Visionen des Mörders in der Zelle. Aber ich glaube kaum, daß der tiefe Eindruck bei denen vollkommmen gewesen, die das Textbuch nicht kannten. Hier war ein Augenblick, da man das Bild fürs Auge vermissen konnte. Als abgerundetste Szene erschien uns die Aussprache zwischen Abel und dem Scharfrichter. Thyssen fand als Henker jene verdeckten Farben im Ton, die als Schauer vom Mikrophon wiedergegeben wurden; sein Flüstern, ganz klar verständlich, erschütterte stark. Die letzte Szene, die Hinrichtung, war kaum noch zu ertragen. Sind solche Großangriffe auf den Hörer nötig? Sie gab auch nicht mehr als schon gegeben war. Und man hätte sie unbedenklich fallen lassen können. Sie schmeckte etwas nach Maria Stuart, 5. Aufzug, wo Graf Leicester wieder Willen Zeuge der Hinrichtung der geliebten Frau sein muß. Das Mikrophon steigert solche Momente zum Nervenfrieren. Als flammender Protest gegen die Todesstrafe mag man das Stück außerdem werten. "Diese Kette Tod für Tod" klirrt durch alle neun Bilder. Ein Beitrag zum neuen Strafgesetzbuch, das im Entstehen ist." (Südfunk. 3. Jahrgang. Nr. 34 vom 25. August 1929. S. 13)

"Stuttgarter Regie / Unter der Regie Artur Georg Richters kam das erschütternde Drama "Die Nacht vor dem Beil" von Alfred Wolfenstein am Stuttgarter Sender zur Aufführung. Die Stuttgarter Funkbearbeitung hielt sich im Gegensatz zur Berliner strenger an das Wolfensteinsche Drama und gab den Mörder als jungen Intellektuellen und Künstler, während die Berliner Funkbearbeitung einen Bauern aus ihm machte. Deshalb konnte A. G. Richter auch die Gegensätze in den Visionen des Mörders schärfer herausstellen. Auch eine Umstellung der Bilder erwies sich als funkisch recht günstig. Die Ballszene wurde gestrichen und nur charakterisiert durch das Couplet von der Unbefangenheit. Nach diesem Couplet wurden die Bilder mit den Visionen im Gefängnis zu einer Szene zusammengefaßt, was eine ganz klare einheitliche Linie erzielte.  Die Verbindung der einzelnen Bilder erfolgte, ähnlich wie im Kino, durch Zwischentexte, die wieder durch den jeweiligen Stundenschlag, durch Trommel- und Windgeräusche untermalt wurden. Die Besetzung mit Oskar Nitzschke, Wolfgang Zilzer, Schröder-Schromm und Renée Kürschner war glücklich gewählt, so daß der Aufführung ein nachhaltiger Erfolg beschieden war." (Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. Heft 35 vom 30. August 1929. S.1130)

Hörspiel historisch (vor 1933) - © DRA/Hanni Forrer

Produktions- und Sendedaten

  • SÜRAG -Süddeutsche Rundfunk AG (Stuttgart) 1929
  • Erstsendung: 14.08.1929

Livesendung ohne Aufzeichnung

Grundlage der Datenerhebung: Nachlass Karl Block (Sendespiele); Der Deutsche Rundfunk (Programmzeitschrift); Die SÜRAG (Programmzeitschrift)

Rezensionen (Auswahl)

  • Was die Woche brachte: Die Nacht vor dem Beil.: Der Rundfunkhörer. 6. Jahrgang. 16.08.1929. Heft 16. S. 7-8.
  • Was wir hörten.: Die Sürag. 3. Jahrgang. 25.08.1929. Heft 34. S. 6.
  • K.W.: Kritik - Stuttgarter Regie: Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. 30.08.1929. Heft 35. S. 1130.

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