ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Euripides oder Über den Krieg
Regie: Friedhelm Ortmann
In der Tradition der platonischen Dialoge treffen sich der attische Staatsmann und Heerführer Alkibiades und der Tragödien- und Komödienschreiber Euripides, um über die Zusammenhänge von Krieg und Nationalismus zu sprechen. Der Ort des Dialogs ist die Unterwelt, und was beide aus ihrem Dämmerschlaf geweckt hat, ist der oben auf der Erde ausgebrochene Krieg. Ihre Haltung dazu jedoch ist grundverschieden: Während der selbstsüchtige Alkibiades Morgenluft für seinesgleichen wittert, bekümmert Euripides der Gedanke an das mit jedem Krieg verbundene Leid und Unrecht. Franz Werfel hat diesen Text 1914 geschrieben; er reagierte damit auf den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Der 1890 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns geborene Schriftsteller, der auf der Flucht vor den Nazis über Frankreich, Spanien und Portugal nach Amerika emigrierte, wo er 1945 starb, hat diesen Text jedoch nie zur Veröffentlichung vorgesehen, er fand sich zufällig in der Handschriftensammlung Stefan Zweigs der Theatersammlung der Nationalbibliothek in Wien. Aus einer Bemerkung auf der letzten Seite des Handschriftenheftes geht hervor, daß Werfel dieser Arbeit sehr kritisch gegenüberstand: ideologisch fernbleibend, ohne höchste Verantwortung gegen sich, kindisch zufällig, gut gemeint und schlecht gedacht." Mit Wissen der Witwe des Dichters wurde der Text dennoch veröffentlicht; seine Publikation stellt nicht nur eine Art biographischer Nachtrag zum bekannten Werk des Autors dar; sie legt auch Zeugnis ab von dem Versuch, in einer Epoche des Massenwahns eigenes Urteil und kritische Distanz zu bewahren. In der akustischen Realisation des Dialogs sprechen Paul Hoffmann und Wolfgang Pampel.