ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Das Lied vom Hackeschen Markt
Komposition: Christoph Grund
Redaktion: Holger Rink
Technische Realisierung: Peter Nielsen, Kristine Rockstroh
Regieassistenz: Wolfgang Seesko
Regie: Christiane Ohaus
"Der Hackesche Markt ist ein Café am Hackeschen Markt. Der Hackesche Markt ist mein Café am Hackeschen Markt. Der Hackesche Markt ist natürlich auch der Hackesche Markt, das Dreieck, das übrigbleibt zwischen drei Linien der Straßenbahn, und nochmal zwei Straßen ohne die Straßenbahn, also fünf Straßen im ganzen, der Kreuzungspunkt also, zwischen abgerundeten Häuserecken und einem Stückchen Rasen vor dem alten, roten S-Bahnhof, das war mal und heißt jetzt der Hackesche Markt", schreibt Irina Liebmann und schaut dabei von ihrem Platz am Fenster aus durch die großen Scheiben "ihres Cafés" in Berlin-Mitte, beschreibt das eilige Treiben draußen auf der Straße und die kleinen Begegnungen hier drinnen, einzelne Momente des Innehaltens im Großstadtgewühl; auch Erinnerungen, persönliche wie historische, die es wert sind, herausgehoben zu werden, drängen sich auf: an die letzten zehn Jahre rasanten Wandels und Lifestylebooms, an 40 Jahre DDR, an einen weltoffenen Ort der Flüchtlinge und Emigranten und des jüdischen Lebens, der im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Der Hackesche Markt als ein Kreuzungspunkt so vieler Lebens- und Geschichtslinien ist ein guter Platz zum Verweilen: zum Nachdenken, zum Ergründen des eigenen Standorts.
Irina Liebmann, geboren 1943 in Moskau, studierte Sinologie in Leipzig; sie arbeitete als Redakteurin und war ab 1975 freie Autorin in Ost-Berlin, seit 1988 im Westen der Stadt. Sie schreibt Theaterstücke, Reportagen, Romane und Hörspiele: "März, Berlin" (1992), "Irina Liebmann: In Berlin" (1994), "Poem für Jacob Wassermann" (1995), zuletzt "In Heines Manier: Das Haus des 9. November" (1999); sie erhielt zahlreiche Preise und Stipendien. 1997 erschien ihr Buch "Letzten Sommer in Deutschland".