ARD-Hörspieldatenbank


Hörspiel



Jaromir Ptacek

An der Schwelle zur Stille


Übersetzung: Heinrich Kunstmann


Regie: Raoul Wolfgang Schnell

Als der WDR im vergangenen Halbjahr mit "Grablegung" zum drittenmal ein Hörspiel des vielleicht bedeutendsten literarischen Avantgardisten in der Tschechoslowakei zur Erstsendung brachte, rühmte die Kritik vor allem die visionäre Kraft des Prager Dichters und seine funkdramaturgische Meisterschaft. "Das ist Funkpoesie", schrieb 'Kirche und Rundfunk' und 'Die Welt' schloss ihre Besprechung mit der Aufforderung: "Eine Stunde Hörspiel, die wiederholt werden sollte. Und ein Stück Dichtung!" Die ins metaphysische reichende Verschlüsselung seiner Texte, die zwangsläufig an Joyce, Kafka und Beckett erinnern, zeigen trotz aller Verwandtschaft im Geiste eine unverwechselbare Handschrift, die in schlichter melancholischer Metaphorik die Ausweglosigkeit einer Existenz aufzeichnet, die lange vor dem physischen Erlöschen den Tod der Seele diagnostizieren muss: Die Angst des Ausgesetzten, der in anonymer Schuld verstrickt und gelähmt, verzweifelt das Ausmaß der verbliebenen Hoffnung abzutasten sucht und den einzigen Rettungsring, Liebe, nicht mehr zu erreichen vermag. Auch in seinem neuen Hörspiel "Auf der Schwelle zur Stille", das in einer Zelle spielt, die keinen Ausweg offen lässt, ist trotz der vagen Ansiedlung in einem KZ-Kerker des Nazi-Regimes eine existentielle Modellsituation anvisiert. Das Klima wird, wie in "Grablegung", wiederum durch ein Motto von James Joyce angedeutet: "Schwere überfällt mich, wie jener Fels." Auch hier hat Ptácek der Bilanz eines gescheiterten Lebens einen Prolog vorangestellt, der um das aussichtslose Unterfangen kreist, in immer neuen Anläufen erinnernd zu begreifen. Am Ende ist selbst die Hoffnung auf eine projizierte Erkenntnis völlig vermauert.

A
A

Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Wolfgang ReichmannErster Mann
Hanns Ernst JägerStimme des ersten Mannes
Ingrid PiltzFrau
Marlene RiphahnZweite Frau
Maria KrasnaAufseherin
Horst FrankSterbender Mann
Rudolf Jürgen BartschUnbeteiligte Stimme


 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk 1966

Erstsendung: 01.02.1967 | 62'30

Darstellung: