ARD-Hörspieldatenbank


Originalhörspiel



Walter Fanta

"Wenn ich auch mit dem 'Mann ohne Eigenschaften' noch lange nicht fertig bin ..."

Robert Musil und sein unvollendeter Roman


Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Susanne Herzig


Realisation: Annegret Arnold

Es hätte die zweite Buchveröffentlichung des österreichischen Schriftstellers Robert Musil (1880-1942) werden sollen, zu der er schon 1905 in Berlin erste Vorarbeiten begann. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte er sie als Projekt zu einem großen satirischen Zeitroman fort. 1924 gab Musil seine Berufstätigkeit als psychologischer Fachbeirat im Heeresministerium in Wien und als Feuilleton-Mitarbeiter der Prager Presse auf, um sich nur mehr der Arbeit an dem Romanprojekt zu widmen, dessen erstes und zweites Buch 1930 bzw. 1933 unter dem Titel " Der Mann ohne Eigenschaften" bei Ernst Rowohlt in Berlin erschienen. Damit sah Musil seine literarische Aufgabe aber noch nicht als gelöst an, in der Fortsetzung des zweiten Buchs wollte er nichts weniger als "aus einer Unzahl von Ideen, die uns beherrschen, weil wir keine von ihnen beherrschen, die Geschichte einer ungewöhnlichen Leidenschaft ableiten, deren schließlicher Zusammenbruch mit dem der Kultur übereinfällt, der anno 1914 bescheiden begonnen hat". Musil arbeitete mit schließlich n achlassenden Kräften bis zu seinem Tod am 12. April 1942 im Genfer Exil dar an weiter, er hinterließ kein fertiges Buch, sondern 12.000 Manuskripte in 60 Mappen und 40 Heften. Es handelt sich um den in der Geschichte der Literatur wohl einmaligen, schier unglaublichen Fall, dass ein Autor ein Vierteljahrhundert nichts anderes tut als an einem einzigen Buch, der Enzyklopädie seiner Zeit, zu schreiben. Einmalig auch der Versuch, etwas, das sich normalerweise nur dem Auge des philologisch geschulten Betrachters erschließt, Hörern zugänglich zu machen. Die Manuskripte Musils eröffnen spannende Einblicke in eine Werkstätte des Schreibens. Wie aus der Realität Fiktion entsteht und wie der Autor grobe Handlungsentwürfe in zahlreichen Umformungsstufen zu ironisch und mythisch verdichteter reflexiver literarischer Prosa verwandelt, dies wird in der Tat hörbar gemacht.

Walter Fanta ist als Herausgeber der digitalen Edition des Nachlasses zum "Mann ohne Eigenschaften" am Robert-Musil-Institut für Literaturforschung in Klagenfurt tätig. Seine monografische Darstellung der Entstehungsgeschichte des "Manns ohne Eigenschaften" ist 2000 bei Böhlau in Wien erschienen.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Achim HöppnerMusil
Detlef KügowStimme 1
Axel WostryStimme 2


 


Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Bayerischer Rundfunk 2004

Erstsendung: 29.11.2004 | 52'18

Darstellung: