ARD-Hörspieldatenbank
Mundarthörspiel
Claas Duncker
Ein niederdeutsches Märchenspiel
Sprache des Hörspiels: niederdeutsch
Komposition: Ludwig Roselius
Regie: Günter Siebert
Vor etwa Jahresfrist sah der junge Schriftsteller Schlöpke auf dem Grömitzer Friedhof einen Leichenstein, vor dem er unwillkürlich stehen blieb. Zunächst nur beiläufig ersah er aus der Inschrift, daß dort ein alter Musikant begraben liegt, der in der ersten Hälfte des 19. Jhs. als fahrender Spielmann durch ganz Holstein gezogen war. Er hieß Claas Duncker. Schlöpkes Gedanken verdichteten sich zu der Fabel eines eigenartigen plattdeutschen Märchenspiels. Er glaubte, den alten Claas vor sich zu sehen, wie er nach winterlicher Zurückgezogenheit und Armut alljährlich wieder von der steigenden Sonne herausgelockt wurde und auf Wanderschaft ging - beinahe wie einem unausweichlichen Fluch gehorchend. In der Gestalt des "Driewer" wird dem alten Spielmann in jedem Frühjahr sein verfehltes Leben noch einmal zu Bewußtsein gebracht. Als junger Mensch hatte Claas den leichten Weg zum Reichtum unter Verleugnung seines Gewissens gewählt. Sein Bruder Hans indessen hatte vom Schicksal nur die Flöte und damit selbstlos die Kunst erbeten, anderen Menschen Freude zu bringen. Auf ihrem selbstgewählten Weg erleben die beiden so gegensätzlichen Brüder nun die Kräfte und Gestalten, die jeden Menschen unsichtbar durchs Leben begleiten, das Gewissen, die Wahrheit und die Lüge. Claas hat scheinbar die bessere Wahl getroffen. Reichtum, Macht und die Anerkennung der Menschen sind ihm sicher - bis er sich plötzlich seiner völligen Einsamkeit bewußt wird und sich dazu durchringt, alles hinter sich zu werfen und die Flöte zu ergreifen, die sein Bruder sterbend aus der Hand legt. Und nun schließt sich der Kreis. Durch sein mühevolles Leben sühnt er seine Verfehlungen und wird endlich zur ewigen Ruhe begnadigt.