ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Anna Padts Unzucht mit dem Kehrwisch
Technische Realisierung: Eduard Kramer, Adeltraut Hahn-Schumann
Regieassistenz: Wolf Quiel
Regie: Werner Klippert
Noch heute ist in Dieburg (Hessen) das Protokoll der Hexenbefragung von 1627 greifbar, nach dem Sturmius Fischer sein Hörspiel geschrieben hat. Angeklagt ist eine anna Padt, und die geistlichen Richter werfen ihr nicht nur den Umgang mit dem Satan vor, sondern auch noch den sexuellen Kontakt mit dem nämlichen. Die arme Frau weiß nicht, wie ihr geschieht; aber unter der Anwendung der Folter gesteht sie und entwickelt dabei eine außerordentliche Phantasie, um den Vorstellungen der Befrager entgegenzukommen. Als aber die satanische Lüsternheit des Obersten Gerichtsrates sich sogar auf ihre Tochter richtet, kommt der verzweifelten Mutter ein Einfall, der zu einem Akt ausgleichender Gerechtigkeit führt. Das Hörspiel macht den Teufelskreis deutlich, in dem sich das System der Hexenprozesse bewegte: Ein einzelner Prozeß dient weniger dazu, einen einzelnen Schuldigen zu überführen, als vielmehr dazu, ein Gebäude einer Glaubensideologie und damit die Macht ihrer Funktionäre zu bestätigen. die Realität und jeder einzelne Mensch haben sich der vorgeschriebenen Ordnung anzupassen und nicht umgekehrt. Deshalb erzwingt die Gerichtsbarkeit immer neue Aussagen zur Ausschmückung ihres Bildes von Welt und Überwelt und setzt einen Mechanismus in Gang, der auf immer neuen Denunziationen und den verzweifelten Phantasien der gefolterten Angeklagten basiert. Bewiesen wird auf diese Art, daß ein System des Bösen existiert, dem man durch die 'heilbringende Strenge' der Folter auf die Spur kommen muß, um es zu Ehren Gottes und der eigenen Rechtgläubigkeit bekämpfen zu können. Aber in solchen Systemen - das hat die Geschichte bewiesen - sind nicht einmal die Erfinder und Funktionäre davor gefeit, Opfer zu werden. Der rechtsprechende Terror zeigt Ähnlichkeiten vom Prozeß Jesu bis in unsere Tage.