ARD-Hörspieldatenbank

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Hörspielbearbeitung



John Steinbeck

Jenseits von Eden (1. Folge der achtteiligen Hörspielserie)


Vorlage: Jenseits von Eden (East of Eden) (Roman, amerikanisch)

Bearbeitung (Wort): Christiane Ohaus

Komposition: Stephanie Nilles

Redaktion: Michael Becker

Technische Realisierung: Christian Alpen, Sebastian Ohm

Regieassistenz: Felix Lehmann, Lisa Krumme


Regie: Christiane Ohaus

"Lieber Pat -  Nun, hier ist das Kästchen. Ungefähr alles, was ich habe, ist darin, und es ist noch nicht voll. Leid und Aufschwung sind darin, gute Stimmungen und schlechte Stimmungen, böse Gedanken und gute Gedanken, die Lust des Planens und etwas Verzweiflung und die unbeschreibliche Freude des Schaffens. Ganz obenauf aber alle Dankbarkeit und Liebe, die ich für dich hege. Und das Kästchen ist noch nicht voll." John Steinbeck

Mit dieser Widmung, den Zeilen, mit denen John Steinbeck "Jenseits von Eden" seinem Lektor Pascal "Pat" Covici übergab, werden auch die Leser in das monumentale und zugleich persönlichste Werk Steinbecks eingeführt. Ein "Kästchen": voller philosophischer Überlegungen über die Menschheit, voller Emotionen und komplexer Figuren, gespickt mit Analysen zur Entwicklung der USA. Von der Literaturkritik zunächst belächelt, erstürmte der Roman 1952 die Bestsellerlisten und wurde infolge der Verfilmung durch Elia Kazan im Jahr 1955 zu einer modernen Legende. "I think this may be the best book I've ever read"

Fünfzig Jahre später wiederholte sich der Erfolg auf wundersame Weise, als Oprah Winfrey in ihrer Show "Oprah`s Book Club" die universale Geschichte über den Wettstreit von Gut und Böse und die verzweigten Schicksale der Familien Trask und Hamilton euphorisch besprach. Womöglich liegt es daran, dass wir uns alle in einer der Figuren Steinbecks unweigerlich wiedererkennen. Denn wie Lee, eine der zentralen Figuren, am Höhepunkt der Geschichte in Ableitung der 16 Bibelverse zum Brudermord feststellt: "Es ist […] die Geschichte von uns allen, ist die symbolische Geschichte der menschlichen Seele." In einer Millionenauflage neugedruckt kletterte "East of Eden" abermals auf die vorderen Plätze der US-amerikanischen Buch-Charts und wird aktuell für eine Neuverfilmung vorbereitet. "Stets verspürte ich in mir eine Angst vor dem Westen und eine Liebe zum Osten."

Wie auch der Roman beginnt das Hörspiel mit einer "Autobiographie" des Salinas-Tals in Nordkalifornien aus der Ich-Perspektive des Autors. Steinbeck wollte seine Erinnerungen an die Schönheit der Natur, die üppigen Gerüche und Geräusche, den Wechsel von dürren und feuchten Jahren so lebendig wie möglich für seine Söhne, Thomas und John IV, konservieren. Es ist das Fleckchen Erde, an dem sich John Steinbecks aus Irland stammende Großeltern mütterlicherseits, Samuel und Liza Hamilton, niederließen. Die Hamilton-Ranch ist eine "Streusandbüchse", karges Land, ohne eine Chance große landwirtschaftliche Erträge zu erzielen. So stellt sich Samuel in den Dienst mit mehr Kapital ausgestatteter Siedler. Ein ebensolcher soll Jahrzehnte später in Salinas eintreffen: Adam Trask. "Bei den Soldaten wird ein Mann aus dir werden."

Inmitten der Wirrnisse des Amerikanischen Bürgerkriegs wird Adam 1862 an der Ostküste, in Connecticut, geboren. Sein Vater Cyrus kommt daraufhin nach einem nur sechswöchigen Kriegseinsatz auf einem Holzbein nach Hause – und mit einer Geschlechtskrankheit. Jene bleibt Adams Mutter nicht erspart und treibt die sich bereitwillig selbst als Opfergabe darbringende Mrs. Trask in die Verzweiflung und schließlich in den Tod. Adam ist ungefähr ein Jahr alt, als Cyrus' zweite Frau Alice seinen Halbbruder Charles zur Welt bringt. Adam und Charles lieben sich abgöttisch, doch Charles kann sich von einer Sekunde zur nächsten in einen hasserfüllten Tobsüchtigen verwandeln. Zu ihrem Vater, der sich als heldenhafter Veteran inszeniert, entwickeln die ungleichen Brüder eine genauso ungleiche Liebe. Der eine durchschaut die Lügen des Vaters, der andere verehrt ihn. Als Cyrus den älteren Adam zum Militär schicken will, weil er seinen Erstgeborenen "mehr liebt", wird diese Unterredung unter Männern aus der Ferne von Charles beobachtet. "Du versuchst, ihn mir wegzunehmen!"

Charles' gewaltsame Eifersucht soll Adam fast das Leben kosten: Voller Jähzorn prügelt Charles auf Adam ein, er will sich seinen geliebten Vater nicht wegnehmen lassen! Als Charles zum Schuppen rennt, um eine Axt zu holen, gehorcht Adam seinen Instinkten: "Die triebhafte Lebenswut einer Ratte überkam ihn. Er schleppte sich von der Straße weg in den Graben. Vorsichtig kroch er in das Wasser, bemüht, kein Plätschern zu verursachen." Aus Angst vor der Wut seines Vaters taucht Charles ab, treibt sich in Kneipen herum und kommt zwei Wochen später reumütig zurück. Adam hilft das alles nichts: Er muss in den Soldatendienst und kämpft in den Indianergebieten. Nach Alice' Tod wird Cyrus Trask nach Washington zum Militärstrategen befördert – und schließlich für seine Fabulierkunst belohnt. Charles führt ein einsames Farmerleben, kämpft gegen sich und das Land, wobei er sich eine tiefe, dunkle Narbe auf der Stirn zuzieht. Dreizehn Jahre sollen vergehen, bis sich die Männer wiedersehen: Adam, der verwahrloste Deserteur, und Charles, der mit einem Kainsmal gezeichnete Eigenbrötler.

Die amerikanische Komponistin Stephanie Nilles, Jahrgang 1983, wird am Cleveland Institute of Music, dem Fixpunkt amerikanischer Pianisten, ausgebildet, nimmt an Wettbewerben teil und macht ihr Examen. Dann kommt der Bruch. Sie geht nach New York, jobbt und taucht ein in die Welt der Folk- und Jazzclubs. Sie geht als Songwriterin und Performerin auf Tour, quer durch die Vereinigten Staaten und lebt heute in Louisville, Kentucky. 2011 feiert sie ihr deutsches Live-Debüt beim "Women in (e)motion"-Festival in Bremen und ist seither regelmäßig auf Konzerttourneen und für Festivalgastspiele in Europa. Stephanie Nilles' siebtes Album wird im April 2021 sowohl in den USA als auch Europa veröffentlicht und enthält ihre Bearbeitungen von Kompositionen des legendären amerikanischen Bassisten und Pianisten Charles Mingus.

Der amerikanische Schriftsteller John Steinbeck wird am 27. Februar 1902 geboren und wächst in Salinas, Kalifornien auf. Ab 1918 studiert er Naturwissenschaften, ab 1919 auch Literatur und Journalismus an der Stanford University und arbeitet in seinen Semesterferien als Gelegenheitsarbeiter auf Farmen, Baustellen und in Fabriken. 1924 bricht Steinbeck sein Studium ohne Abschluss ab und geht nach New York, kehrt aber wenig später nach Kalifornien zurück, wo er die Stoffe findet, die ihm zum literarischen Durchbruch verhelfen: Auf "Tortilla Flat" (1935) folgt "Von Mäusen und Menschen" (1937) und schließlich "Früchte des Zorns" (1939), wofür er ein Jahr später mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wird und was Steinbeck zu einem der bekanntesten Autoren seines Heimatlandes macht. Als Kriegsberichterstatter reist er im Zweiten Weltkrieg durch Europa und verfolgt die Nürnberger Prozesse auf der Pressetribüne. Mit seinem Roman "Jenseits von Eden" gelingt ihm 1952 ein Welterfolg. 1962 erhält John Steinbeck den Nobelpreis für Literatur, am 20. Dezember 1968 verstirbt er in New York an Herzversagen.

Christiane Ohaus, Jahrgang 1959, studiert Philosophie und Germanistik in Tübingen und Berlin. 1984/85 volontiert sie im RIAS Berlin in der "Künstlerischen Wortproduktion" und arbeitet unter anderem mit George Tabori und Jörg Jannings. Nach sieben Jahren der freien Arbeit als Regieassistentin, Regisseurin und Autorin von Literaturfeatures und Essays für diverse Rundfunkanstalten, realisiert sie von 1993 bis 2012 bei Radio Bremen als festangestellte Regisseurin zahlreiche Hörspiele, Feature, Lesungen und Funkbearbeitungen. Im HörVerlag München erscheinen, um nur einige zu nennen: "Der Steppenwolf", "Madame Bovary", "Jane Eyre" und "Hammerstein - oder Der Eigensinn". Seit 2012 ist sie für den NDR als Redakteurin, Dramaturgin und Regisseurin in der Abteilung Radiokunst tätig.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Ulrich NoethenErzähler
Thomas LoiblAdam Trask
Sebastian BlombergCharles Trask
Peter KaempfeCyrus Trask
Vincent RedetzkiAdam, jung
Jonas NayCharles, jung
Marina GalicAlice Trask
Jona GlücklichAron, Kind
Julian GreisLouis Lippo
Lisa HagmeisterGrace
Oskar KetelhutPostbeamter und Korporal Kemp
Martin EnglerAn-und Absage

Musik: Stephanie Nilles (Klavier; Orgel; Gesang; Perkussion; Melodica; Geige), Thomas Deakin (Klarinette; Kornett; Saxophon; Tuba; Kontrabass; Gitarre; Gesang), Allan Nilles (Bratsche)
Thomas Loibl spricht die Figur Adam Trask bei der Hörspielproduktion von "Jenseits von Eden". | © NDR/Anina Pommerenke

Thomas Loibl spricht die Figur Adam Trask bei der Hörspielproduktion von "Jenseits von Eden". | © NDR/Anina Pommerenke

Thomas Loibl spricht die Figur Adam Trask bei der Hörspielproduktion von "Jenseits von Eden". | © NDR/Anina Pommerenke
Regisseurin Christiane Ohaus und ihr Team bei der Arbeit in der Studioregie. | © NDR/Anina Pommerenke
Schauspieler Thomas Loibl und seine Kollegen im Aufnahmeraum des Studios der NDR Radiokunst. | © NDR/Anina Pommerenke
Im Studio der NDR Radiokunst wird eine Hörspielfassung von John Steinbecks "Jenseits von Eden" produziert. | © NDR/Anina Pommerenke

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Im Studio der NDR Radiokunst wird eine Hörspielfassung von John Steinbecks "Jenseits von Eden" produziert.
© NDR/Anina PommerenkeIm Studio der NDR Radiokunst wird eine Hörspielfassung von John Steinbecks "Jenseits von Eden" produziert.
© NDR/Anina Pommerenke



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Norddeutscher Rundfunk 2020

Erstsendung: 07.04.2021 | NDR Kultur | 20:00 Uhr | 68'16


VERÖFFENTLICHUNGEN

  • CD-Edition: Der Hörverlag 2021


AUSZEICHNUNGEN


REZENSIONEN

  • Stefan Fischer: Her mit der Liebe. In: Süddeutsche Zeitung vom 01.04.2021. S. 25.
  • Jörn Lauterbach und Stefan Grund: Epochale Zeitreisen zum Zuhören. In: Welt am Sonntag / Hamburg vom 28.03.2021. S. 10.
  • Christian Hörburger: Berauschendes Historien- und Bibeldrama. In: Medienkorrespondenz Nr. 9/10. 07.05.2021. S. 41.
  • Florian Welle: Wir Kinder von Kain. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 242 vom 19.10.2021. Literatur. (Zur CD-Edition)
  • Wolfgang Schneider: Als die amerikanische Ostküste sich nach Grünzeug verzehrte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 16.10.2021. Literaturbeilage (zur CD-Edition).

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