ARD-Hörspieldatenbank

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Ars acustica



Hermann Kretzschmar, Jean Racine, Marcel Proust

Phantome

unter Verwendung von texten aus Racines "Phädra" und Marcel Prousts "Sodom und Gomorrha"


Vorlage: Phädra (Phèdre) (Theaterstück, französisch), Sodom und Gomorrha (Sodome et Gomorrhe ) (Roman, französisch)

Übersetzung: Bernd-Jürgen Fischer

Komposition: Hermann Kretzschmar

Dramaturgie: Manfred Hess

Technische Realisierung: Christian Eickhoff


Regie: Hermann Kretzschmar

Der französische Schriftsteller Marcel Proust feiert 2021 seinen 150. Geburtstag und im Jahr 2022 seinen 100. Todestag. Das SWR2 Hörspiel wird in diesen beiden Proust-Gedenkjahren u.a. die bereits begonnene Hörspieladaption seines Romanzyklus‘ „À la recherche du temps perdu“ fortsetzen. Einleiten wird diese Auseinandersetzung mit Proust und seiner „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ eine Wort/Musik-Arbeit des Hörspielmachers, Pianisten und Komponisten Hermann Kretzschmar. Sie trägt den Titel „Phantome“ und versucht verschiedene Bedeutungsebenen des Begriffs bei Proust aufscheinen zu lassen – Phantome in der allgemeinen Bedeutung von „Vielfalt der Erscheinungen“ sowie in der von „Trugbildern“. Ausgangspunkt des Hörstücks ist kein Text - sondern Musik. Und die hat eine Geschichte: Kretzschmar erstellte 2018 für die dreiteilige SWR2-Hörspielfassung von Prousts „Sodom und Gomorrha“ eine Komposition und spielte sie mit dem Ensemble Modern ein. Diese Musik war in ihrer Struktur modular angelegt, d.h. sie bestand aus zahlreichen Einzelteilen, die für verschiedene dramatische Funktionen in der Hörspielfassung des Romans kombiniert und variiert werden konnten. Diese offene Konzeption des musikalischen Materials bedeutet die Absage an das klassische, am eindeutigen Sinn orientierte Vertonungsprinzips von Texten. Sie korrespondiert mit dem flüchtigen, immer wieder neu sich korrigierenden und um sich kreisenden Schreibansatz von Proust - und seiner Suche nach der verlorenen Zeit. Was geschieht nun, wenn diese „Musik-Module“ Ausgangspunkt eines Hörstückes werden, das diese Module radikal neu zusammensetzt, neu „kom-po-niert“? Und diese Neu-Interpretation mit anderen Texten aus Prousts Kosmos konfrontiert? Für dieses Experiment wählte Kretzschmar als strukturgebenden Text eine Passage aus, die einem Gedicht gleicht. Sie entstammt aus Jean Racines, 1677 uraufgeführten Drama „Phädra“. Racine, neben Corneille der wichtigste Autor der französischen Klassik, greift hier einen antiken Stoff auf: den der tragischen Liebe der Königin Phädra zu ihrem Stiefsohn Hippolytos. In Prousts Roman dient das Phädra-Motiv als Spiegel der Liebe und Eifersucht von Marcel und Albertine. In Kretzschmars Hörspiel wird diese Passage zu einem Gedicht über die Illusionen des Lebens. Zusätzlich bedient sich das Hörstück kurzer essayistischer Text aus Prousts „Recherche“, die sich der Flüchtigkeit und Vielfalt der Erscheinungen in Zeit und Raum widmen. Über 25 Tableaux entwickelt sich eine paradoxe Konstellation. Das Hörstück „Phantome“ entfernt sich von der Vorgabe, Proust zu vertonen, obgleich es in der Welt von Proust bleibt. Es verselbständigt sich, die Musik wird mal absoluter, mal gerät sie in eine neue Dienerschaft zum Wort. Das Verhältnis von Geräusch, Stimme, Musik und Text wird aber auf der semantischen Ebene in der Schwebe gehalten und in eine fruchtbare Uneindeutigkeit überführt. Wir wünschen viel Vergnügen auf dieser Reise in die Welt von Marcel Proust.q

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Markus MeyerStimme
Isabelle Demey

Ensemble: Ensemble Modern


Sprecher: Markus Meyer | © SWR/Patricia Neligan

Sprecher: Markus Meyer | © SWR/Patricia Neligan


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Sprecher: Markus Meyer
© SWR/Patricia NeliganSprecher: Markus Meyer
© SWR/Patricia Neligan



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Südwestrundfunk 2021

Erstsendung: 28.01.2021 | SWR2 | 45'58


REZENSIONEN

  • Eva-Maria Lenz: Nostalgische Vergangenheitssuche. In: epd medien. Nr. 6. 12.02.2021. S. 30.
  • Doris Kösterke: Eisberg voraus. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ.NET vom 26.04.2021.

 

 

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