Hörspiel
Autor/Autorin:
Walter Benjamin
Lichtenberg. Ein Querschnitt
Komposition: Peter Zwetkoff
Technische Realisierung: Roland Seiler, Regine Schneider
Regieassistenz: Milena Maitz
Regie: Hartmut Kirste
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Peter Lieck Sprecher Raoul Wolfgang Schnell Labu Michael Thomas Quikko Siemen Rühaak Sofanti Charles Wirths Peka Heinz Meier Georg Christoph Lichtenberg Ludwig Thiesen Der Hofmarschall des englischen Königs Franz Böhm Schauspieler, David Garrick Barbara Stoll Maria-Dorothea Stechardt, Lichtenbergs Freundin u.a.
Der Göttinger Professor Georg Christoph Lichtenberg (17421799), als Naturwissenschaftler ein Empiriker von Berufs wegen, ist der große Kasuist und Alltagsbeobachter unter den Schriftstellern der deutschen Aufklärung. Seine Lebenserfahrungen und (Selbst-) Beobachtungen bilden den Stoff für die letzte große Rundfunkarbeit Walter Benjamins, die ihn nach einem Auftrag der 'Berliner Funkstunde' 1932-33 beschäftigte, aber infolge der nationalsozialistischen Machtergreifung nicht mehr zur Sendung kam. Die ohnmächtige Position des Weimarer Rundfunks, dessen Programm zur strikten "Überparteilichkeit" verpflichte war, verkehrt Benjamin satirisch von einem "Standpunkt über allen Parteien" zu einem Standort über allen Planeten, von dem aus sich sein Hörspiel der Lebenswelt Lichtenbergs nähert. Der gleichsam planetarischen Entfernung des zeitgenössischen Rundfunks von den Kämpfen und Alltagsgeschäften entsprechen in Benjamins Hörspiel die Studien eines "Mondkomitees für Erdforschung", das mit der Beobachtung des Erdenbürgers Lichtenberg menschliches Verhalten verstehenlernen will. Eigentümliche Beobachtungsinstrumente stehen dem Komitee zur Verfügung, um die historische und räumliche Distanz zu überwinden: ein "Spectrophon", durch das alles gehört und gesehen werden kann, ein"Parlamonium' das die für die "durch Sphärenmusik verwöhnten Mondbewohner oft lästige Menschenrede in Musik übersetzt" und schließlich ein "Oneiroskop", mit dem die Träume der Irdischen wahrgenommen werden können... Benjamins Reverenz an die - zitatenreich belegte - Gedankenwelt Lichtenbergs ist zugleich eine Reverenz an die planetarischen Erzählungen Paul Scheerbarts (1863-1915), denen die Figuren des Mondkomitees entnommen sind.
Produktions- und Sendedaten
- Südwestfunk 1988
- Erstsendung: 05.01.1989 | 77'35