Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Friedrich Dürrenmatt
Der Prozess um des Esels Schatten
Komposition: Georg Katzer
Technische Realisierung: Jürgen Wollermann, Monika Buley
Regieassistenz: Barbara Plensat
Regie: Edgar Kaufmann
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Hans-Joachim Hanisch Struthion, der Zahnarzt Peter Dommisch Anthrax, der Eseltreiber Helga Hahnemann Krobyle, sein Weib Gerhard Bienert der Stadtrichter Philippides Herwart Grosse Physignatus, Advokat Walter Jupé Ployphonus, Advokat Marianne Wünscher Peleias, die Putzmacherin Jürgen Holtz Mastax, der Helmschmied Helmut Müller-Lankow Kapitän Tiphys Else Grube-Deister Iris, seine Braut Irmgard Düren Teresia, Tänzerin Heinz Scholz Oberpriester Strobylus Willi Schwabe Erzpriester Agathyrsus Fritz Decho Assessor Miltias Friedo Solter der Esel Robert Trösch Otto Stark Erik S. Klein Theo Mack Hans Hartmann Johannes Maus Erich-Alexander Winds Hans Hildebrandt Gerhard Lau Werner Troegner Guido Matschek Siegfried Seibt Alexander Leuschen
Auf einer Geschäftsreise durch die sonnendurchglutete Hitzschlag-Ebene will Struthion sich in den Schatten des gemieteten Reitesels setzen, um sich etwas zu erholen, aber der Eselbesitzer und -treiber Anthrax bestreitet ihm das Recht dazu, weil der Schatten nicht mitgemietet sei. Der Streit der beiden wird vom Stadtrichter um ein Haar geschlichtet, doch da gesellt sich den Kontrahenten je ein Advokat bei. Beide Advokaten bringen, teils aus wissenschaftlichen Gründen, teils um die Sache der Proletarier gegen die Ausbeuter zu vertreten, ihre Mandanten buchstäblich um Weib und Kind, Hab und Gut. Sie machen die Auseinandersetzung zu einer Sache der gesamten Republik: Der Latrona-Oberpriester wird gegen den Jason-Erzpriester aufgebracht, beide werden gesellschaftlich aufs schwerste kompromittiert, der Streit wird »eine Angelegenheit der Philosophie, der Ideale und weiß Gott was für heiliger Güter«, der Freiheits- und Fortschrittsglaube und die Privatwirtschaft stehen gegen den Aberglauben und das Recht der Schwachen, Staats- und Volksversammlung erheben ihre Stimme, der Fremdenverkehr, der Tierschutz, die Zünfte schalten sich ein, und schließlich offeriert der Direktor der friedliebenden Korinther Waffen-AG auch schon Schwerter, Wurfspeere und Libanonzedernschilde. Entschieden wird das Ganze jedoch - radikal durch den immer trunkenen Vollblutkapitän Tiphys, der, eine - von Brecht übernommene - Seemannsballade singend, sich von beiden Parteien, der Esel- und der Schattenpartei, gewaltig bestechen läßt und mit seinen Mannen im Auftrag beider Lager beide gegnerischen Tempel und die ganze Stadt in Flammen setzt. Als am Ende die Interessenten und Kontrahenten in den rauchgeschwärzten Ruinen ihrer Stadt stehen, ergreift zum erstenmal derjenige das Wort, der, obwohl der Mittelpunkt, bisher stets geschwiegen hat. Zweifelnd fragt er sich: »War ich in dieser Geschichte der Esel?«
Produktions- und Sendedaten
- Rundfunk der DDR 1967
- Erstsendung: 29.05.1967 | Deutschlandsender | 19:30 Uhr | 93'41
Im Deutschen Rundfunkarchiv verfügbar