KZ Oranienburg 1933; v.r.: Ernst Heilmann (SPD), Friedrich Ebert (SPD und Chefredakteur), Alfred Braun (Rundfunksprecher), Heinrich Giesecke (Min.Rat a.D., Direktor der RRG), Dr. Hans Flesch (Rundfunkintendant), Dr. Kurt Magnus (Direktor der RRG). | Bildquelle: Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst. Bundesarchiv, Bild 183-R96360 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons

Hörspiele während der Zeit des Nationalsozialismus

»Rundfunk in jedes deutsche Haus«

Mit Blick auf den Rundfunk und seine Organisation waren die Jahre nach 1933 in Deutschland von Gleichschaltung, Einschüchterung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten geprägt. Die Parole »Rundfunk in jedes deutsche Haus«[1], die Joseph Goebbels zur Eröffnung der Funkausstellung 1933 ausgegeben hatte, wurde unterstützt durch die Massenproduktion von kostengünstigen Kleinradios, vor allem dem Volksempfänger (VE 301). Erst während des Nationalsozialismus wurde das Radio zum Massenmedium.

Auch zwei Hörspielpioniere wurden früh zum Opfer der »Säuberungen«, die den Umbau des Rundfunks begleiteten: Hans Flesch, früherer Intendant der Funkstunde Berlin (s. o., 5. v. r.), und Alfred Braun, Regisseur und Sprecher bei dem Berliner Sender (s. o., 3. v. r.), wurden bereits im August 1933 verhaftet und in das Konzentrationslager Oranienburg verschleppt. Beide waren zuvor prägend gewesen für die Entwicklung dieser rundfunkeigenen Kunstform. Die Nationalsozialisten nutzten Hörspiele jedoch weiterhin im Programm. So wurden vor allem Themen, die im Sinne einer rassistischen und totalitären Ideologie standen, in Hörspielform produziert und ausgestrahlt. Neben Propaganda bedienten Hörspiele in dieser Zeit allerdings ebenso die leichte Unterhaltung sowie literarische Themen.

Trotzdem ging die Hörspielproduktion ab 1933 stark zurück und sank bis 1939 auf unter ein Prozent Anteil am Gesamtprogramm. Denn ab dem Jahr 1933 war der Rundfunk von der zunehmenden Politisierung des Mediums geprägt. Der aktuellen Berichterstattung wurde mehr Wichtigkeit zugesprochen, was zu Lasten der Sendezeit kultureller Wortsendungen ging. Aufgrund der anschließenden fortlaufenden Entwicklung in Richtung einer generellen Einschränkung der Wortsendungen zugunsten leichter, häufig musikalischer Unterhaltung, kam es gegen Ende der 1930er Jahre zu einem weiteren Rückgang des Anteils von Hörspielen im Programm.

Mit Beginn des Krieges sollte sich die Programmgestaltung den äußeren Umständen anpassen. Daher forderte man ab diesem Zeitpunkt von den Hörspielautoren und -autorinnen vor allem aktuelle und politische Inhalte, insbesondere in Form von Kurzhörspielen, mit denen rasch auf aktuelle Themen reagiert werden konnte. Spätestens ab der zweiten Hälfte des Jahres 1940 wurden Hörspiele jedoch fast gänzlich aus dem Programm gestrichen und nur noch vereinzelt gesendet. Den dagegen aufkommenden Widerstand und die Versuche seitens der Programmverantwortlichen, Hörspiele wieder häufiger im Programm unterzubringen, unterdrückte das Reichspropagandaministerium, das fortan nur noch politische Hörspiele zu Propagandazwecken duldete. Somit erhielten Hörspiele nur noch dann Raum, wenn sie sich den aktuellen und propagandistischen Bedürfnissen unterordnen ließen. Ohnehin sollte das gesprochene Wort nun zugunsten der Unterhaltung so weit wie möglich eingeschränkt werden.

Die durch die Einschränkungen und die Perspektivlosigkeit entstehende Resignation der Hörspielmitarbeiterinnen und -mitarbeiter führte zu ihrem Exodus zum Film und war ein weiterer Grund, der zum Rückgang des Hörspielangebots beitrug. Die Einstellung der Rundfunkzeitschriften im Jahr 1941 erschwerte zusätzlich die Programmankündigungen der wenigen Hörspiele, die bis Kriegsende noch gesendet wurden.

Die bis 1941 publizierten Programmzeitschriften sind aus heutiger Sicht neben den in den Rundfunkarchiven überlieferten Hörspielmanuskripten allerdings von zentraler Bedeutung. Da Hörspiele aus der NS-Zeit nur zu einem geringen Anteil überliefert sind, bieten die dort enthaltenen Programmankündigungen, inhaltlichen Zusammenfassungen, Kritiken und Beiträge wichtige, ergänzende Informationen zur allgemeinen rundfunkpolitischen und programmgeschichtlichen Entwicklung während der Zeit des Nationalsozialismus. Viele davon sind heute im Deutschen Rundfunkarchiv überliefert.

Jörg-Uwe Fischer

Die vergleichsweise wenigen Hörspiele während der Zeit des Nationalsozialismus verlangen eine gesonderte Betrachtung und sind deshalb für die Hörspieldatenbank noch nicht bereitgestellt.

Online-Tipp

 

Literatur-Tipps

  • Diller, Ansgar (1980): Rundfunkpolitik im Dritten Reich. München: dtv.
  • Döhl, Reinhard (1992): Das Hörspiel zur NS-Zeit. Geschichte und Typologie des Hörspiels. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
  • von der Grün, Rita (1984): Das Hörspiel im ´Dritten Reich´. Eine statistische Erhebung und Auswertung entsprechender Daten aus Programm-Zeitschriften ausgewählter Jahrgänge, Frankfurt a. M. 1984
  • Wessels, Wolfram (1985): Hörspiele im Dritten Reich. Bonn: Bouvier.